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Zwei Trakls und seine singenden Hinterbliebenen

OPERN-URAUFFÜHRUNG / LIEBESFLUCH

03/08/14 „Liebesfluch“ oder Trakl-Spektakel zum Hunderter? Eine Weihe-Festspiel-Miniatur mit Musik von Hans Kraus-Hübner und Libretto von Michaela Moritz im Hof des Traklhauses.

Von Erhard Petzel

Wenn Ort und Handeln eins werden, dann spielen die Götter mit. Zumindest der Wettergott hatte am Freitag und Samstag (1.8.) offensichtlich seine Freude an der Umsetzung der Oper über Trakl und seine wichtigsten Bezugspersonen. Die als Generalprobe ausgewiesene, aber verkaufte Aufführung ging trotz lauerndem Unwettereinbruch unbeschadet spätabends bei lauer Temperatur über die Freiluftbühne des bezaubernden Innenhofes.

Aus der Taufe war das Werk vor anderthalb Wochen in Nürnberg gehoben worden, aber für Salzburg gibt es eine Erweiterung um eine Bühnenkonzeption unter der Regie von Bruno Berger-Gorski, mit einem Lichtdesign von Tadeusz Krzeszowiak. Also doch eine Uraufführung. Der von Daniel Spoerri in einem Altmetall-Kinderwägelchen eingespannte Totenschädel grinst vom Bühnenzentrum ins Publikum. Die ungeborenen Enkel sind im Fall der Familie Trakl vielleicht nicht allein dem Krieg geschuldet.

Felix Kammerer und Ben Pascal sprechen abwechselnd Trakl 1 und Trakl 2. Nachdem der Eine auf der E-Gitarre das einstgeströmte Publikum ins Drama gezupft hat, rezitiert der Andere aus der Bläue des Arkadengangs im 1. Stock, dramatisch umsungen vom Sopran der Schwester Grete (Monika Teepe) und vom glatten Bariton des Freundes Erhard Buschbeck (Manuel Krauß). Die beiden räsonieren über das von beiden geliebte Genie. Trakl übergibt auch einmal ein Buch und erweitert damit den Text um Literarisches.

Dramatische Höhepunkte sind aber die Zeter-Kaskaden der Mutter (abgründig tief bis soulig Gail Gilmore) von der Brüstung herunter, wenn die Schwester als Tiger-Glucke dagegen hält. Getragen wird der Gesang von acht Musikern des Ensemble Pegnitzschäfer-Klangkonzepte, energisch dirigiert von Marino Formenti. Kraus-Hübners Musik erinnert in Klang und Gestus stark an den Aufbruch der Moderne, bevor sie als entartet gebrandmarkt wurde. Damit fördert sie wahrscheinlich die Bereitschaft des Hörers zur ästhetischen Zuordnung von Stil und Zeit, wenn dies so auch nicht zutrifft.

Berührend wird die Klangmalerei der Instrumente um Gretes Abgesang bis zur Feststellung: „Das Spiel ist aus“. Die Summe dramatischer Ekstasen wirkt hingegen auch inflationär. Und wenn Grete daran verzweifelt, wie sie ohne ihren geliebten Bruder leben soll, erscheint das „Bleib!“ Erhards doch auch etwas albern. Vielleicht ist die Verschränkung von Sprech-Theater und Opern-Ästhetik auch Schuld an einem Bruch in Stil und Ausdruck, der emotional etwas unbefriedigt lässt.

Vielleicht könnten die Georgs auch etwas bewegter choreografiert sein; ihre zunehmende Kolorierung gibt Raum für Assoziationen und zeigt Wirkung. Geglückt sind die Symbiosen in den Paarszenen. Das Schmusespiel zwischen Geschwistern zum Einton-Thema im Orchester (wer dächte nicht an Wozzek oder Walküre) beim Rausch aus der Feldflasche wird zur kindlichen Selbsthilfegruppen-Arbeit zu zweit, weil Eltern emotional versagen.

Freundlicher Applaus lohnte das Engagement der Mitwirkenden und der Veranstalter.

 

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