asdf
 

Beim Schleunigen pascht der Rabbi mit

SALZBURGER ADVENTSINGEN

01/12/23 „Der Josef ist ein ganz ein Lieber“, sagt Maria über ihren künftigen Ehemann. Eh wirklich. Sie muss sich diesmal nicht allein aufmachen zur Base Elisabeth. Der Gespons, der ritterlich zu ihr steht, begleitet sie. – Das Salzburger Adventsingen hält neue liebenswürdige Perspektiven auf die Weihnachtsgeschichte bereit.

Von Reinhard Kriechbaum

Schmusen vor der Hochzeit! Immerhin nach der Verlobung, die nach jüdischer Sitte gefeiert wird und in einen ausgelassenen Tanz der Maria zu Hava nagila mündet. Da muss sich Rabbi Jakob, der im Augenblick die Welt nicht mehr versteht, ordentlich aufbuddeln. Irgendetwas ist nicht koscher an der Geschichte, die sich da vor seinen und dreier junger Hirtinnen Augen anbahnt. Sollte doch was dran sein an der nahen Ankunft des Erlösers? „Die ist doch Meschugge“, sagt eines der Mädchen über Maria. Es ist nie zu spät, katholisch zu werden. Für junge Hirten nicht und auch nicht für einen Rabbiner, dem Edwin Hochmuth mit deutlichem Tiroler Gutturallaut alpenländisch-erdigen Charakter gibt.

Sehr abweisend wirkt das Bethlehem, das Dietmar Solt diesmal fürs Adventsingen mit dem Titel Fürchte dich nicht! auf die schmale Bühne vor den Eisernen Vorhang im Großen Festspielhaus gestellt hat. Verschachtelte Wohntürme, nur eine einzige Türe, und die wirkt verrammelt. Shane Woodborne, diesmal für die Kompositionen zuständig, hat für diese im Wortsinn unwirtliche Szene (kein Wirt zeigt sich) einen martialischen Chorsatz mit viel Blech geschrieben. So klingt Abweisung.

Woodborne ist ja längst Adventsingen-Routinier, er und der musikalische Leiter Herbert Böck können das Leistungsvermögen aller Beteiligten sehr gut einschätzen. So wird der Salzburger Volksliedchor gefordert, aber nicht überfordert. Für heiklere Sätze bilden das Frauentrio (Vokalensemble CMM) und das famose junge Männerquartett (Hohes C) einen Kammerchor.

Höchste musikalische Perfektion wieder. Der Tenor Bernhard Teufl hat schon weit über zweihundert Auftritte als Josef hinter sich. Alle drei Vokalsolistinnen kommen von der Universität Mozarteum und ensembletechnisch aus der Schule von Herbert Böck. Elisabeth Eder hat erst unlängst als Sub-auspiciis-Absolventin am Mozarteum von sich reden gemacht. Einem Engel mit solch blütenweißer Ausstrahlung und Stimme sollte man absolut Glauben schenken. Er muss heuer besonders oft einschreiten, um den Betroffenen die göttlichen Eingriffe ins aktuelle Familienleben derer aus dem Stamm Davids g'schmackig zu machen. Eva Schinwald (Maria) und Martina Gmeinder (Elisabeth) gehören auch schon geraume Zeit zum Team.

Shane Woodborne hat ihnen eingängige Ensembles geschrieben. Diesmal verzichtet man weitgehend auf kleine Musik-Überleitungen zwischen Neukompositionen und dem traditionellen Liedgut, den Beiträgen des Salzburger Saitenmusikensembles, der Salzburger Geigenmusik, des Salzburger Blattbläserensembles und Juvavum Brass. Das entspricht auch dem klaren Aufbau von Hans Köhls Geschichte, in der diesmal die Frauenbeziehungen der Maria, zu ihrer Mutter Anna (Marcella Theresa Wieland) und zur Base Elisabeth, sensibel herausgearbeitet hat. Josef ist diesmal einer, der aus Fremde kommt und sich wieder in der Heimat seines Vaters niederlassen will. Als Jung-Häuslbauer braucht's eine Braut, Maria scheint ein guter Ruf vorausgeeilt zu sein. Die Prophezeiung der Hanna in Sachen Gottesgebärerin hätte Josef vielleicht misstrauisch machen sollen, dass es mit realer Vaterschaft nicht so laufen wird wie erwartet. Wie auch immer: Das Heilige Paar steht unzertrennlich zueinander.

Gerda Gratzer hat die Dimensionen des Hauses und die enge Bühnensituation gut im Griff. Man merkt ihrer Regiearbeit an, dass sie von der Musik herkommt. Sie hat genau auf Shane Woodbornes Kompositionen gehört und antwortet darauf mit Bildern, die oft in einem Nazarener-Duktus wie in Gemälden aus dem frühen 19. Jahrhundert gerinnen. Man denkt an Friedrich Overbeck, Moritz von Schwind – und dahin weisen auch die Kostüme, für die zum allerletzten Mal Hellmut Hölzl verantwortlich ist.

Zuletzt ist der Rabbi so sehr auf Christi-Geburt-Linie gebracht, dass sogar er es ist, der den Hirten empfiehlt, dem Jesuskind eins aufzuspielen. Ein Posaunist ist in der Runde, da macht der Goldegger Bayrische schon was her, den Hildegard Stofferin in einen Corona Bayrischen verwandelt hat. Die Produktion wäre ja schon für 2021 vorgesehen gewesen, wurde damals kurzfristigst wegen des vor-weihnachtlichen Lockdowns abgesagt. Die Ton- und Videoaufnahmen waren schon im Kasten.

Eine ordentliche Instrumentalbesetzung bringen die Hirtenkinder auf die Bühne. Zwei Flöten, drei Klarinetten, drei Geigen und Bratsche, Harfe, Hackbrett und Ziehharmonika sowieso. Da pascht beim Schleuniger der Rabbi emsig mit.

Salzburger Adventsingen bis 17. Dezember im Großen Festspielhaus – im Fernsehen am 8. Dezember 15.55 Uhr ORF 2 und 10. Dezember 18.30 Uhr ORF III – zu den Streaming-Angebotenwww.salzburgeradventsingen.at
Bilder: Salzburger Adventsingen / Franz Neumayr
Zur CD-Besprechung aus dem Jahr 2021 Die ist doch meschugge!
Zum Vorbericht 35.000 Reichenhaller Hustenbonbons
Zur Reportage Die Kühe sind weg, die Hirtenkinder da
Zur Hintergrund-Geschichte Fürchte dich nicht vor dem Stream

 

 

 

 

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014