Sturm und Drang im Liebes-Garten
HINTERGRUND / LANDESTHEATER
07/12/22 Im Salzburger Landestheater hat sie schon einmal Regie geführt, in dem eigenartigen Theaterstück Der neue Menoza von Jakob Lenz. Nun arbeitet Dörte Lyssewski abermals als Regisseurin im Haus, diesmal fürs Musiktheater. Mozarts La finta giardiniera hat am Samstag (10.12.) Premiere.
„Dörte Lyssewski ist eine große Schauspielerin, und das merkt man ihrem Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen an“, schrieben wir nach ihrem Salzburger Regiedebüt im Herbst vorigen Jahres. „Die handwerkliche Ebene dieser Aufführung nimmt für sich ein. Da haben sich wohl alle im Ensemble etwas abschauen können. Lauter präzise durchgezeichnete Charaktere.“ Der Schöpfer des Neuen Menoza, Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792), war so etwas wie ein Prototyp der Sturm und Drang-Epoche.
Auch diesmal eine Form von Sturm und Drang, wenn auch (zumindest auf den ersten Blick) in einer liebenswürdig-galanten Rokoko-Verkleidung. „Es war eben das Säkulum des frivolen Stiles nicht minder als das einer geradezu planvoll vorgehen den erotomanischen Besessenheit, eine Epoche sich brutal gerierender, testosterongesteuerter Intentionen des Marquis de Sade, der penibel vorbereiteten Einstiegsstrategien Casanovas oder der dreist diabolischen Desillusionierungen eines Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos in seinen Liaisons dangereuses“, schreibt Norbert Abels in seinem Programmheftbeitrag über das 1775 in München uraufgeführte Dramma giocoso. Mozart war damals 18 Jahre alt.
Dörte Lyssewski studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und begann ihre Karriere an Peter Steins Berliner Schaubühne. Peter Stein holte sie als Grillparzers Libussa auf die Pernerinsel (1997), zwei Jahre nachdem sie bereits in seiner Inszenierung von Tschechows Kirschgarten mitgewirkt hatte. Bei den Festspielen hat sie aber schon 1992 debütiert, unter der Regie von Andreij Wajda in Wesele von Stanislaw Wyspianski. Ab 1999 war sie für drei Jahre die Buhlschaft an der Seite von Ulrich Tukur als Jedermann. In einigen eigenwilligen Projekten hat sie bei den Festspielen mitgewirkt, etwa in einer semiszenisch/musikalischen Aufbereitung von Christoph Ransmayrs Floßfahrt 2000 im Lehrbauhof oder – ebenfalls von Hermann Beil szenisch eingerichtet – Hans Magnus Enzensbergers Der Untergang der Titanic 1999 im Landestheater.
Immer wieder begegnete man ihr als Rezitatorin im Konzertprogramm der Festspiele, so 2001 in der Titelrolle von Honeggers Jeanne d'Arc au bucher. Im Kontinent Rihm hat sie sich 2010 Darius Milhauds Les Choéphores gewidmet und 2017 stand sie neben dem Pianisten Igor Levit auf dem Podium, für Arnold Schönbergs Ode to Napoleon Buonaparte (Lord Byron) für Sprecher, Klavier und Streichquartett op. 41.
Mit Igor Levit arbeitet Dörte Lyssewski, die seit 2009 dem Ensemble des Wiener Burgtheater angehört, immer wieder zusammen, auch mit dem Klangforum Wien und dem Ensemble Franui. Dörte Lyssewski hat also eine große Nähe zur Musik. Musikalische Arbeiten führten sie mehrfach zu Gérard Mortier an die Ruhrtriennale (u.a. Die Zauberflöte mit La Fura del Baus und Honneggers Jeanne d'Arc in der Regie von Stanilas Nordey), an die Oper in Montpellier (René Koerings Penthésilée), ans Théâtre de la Monnaie Bruxelles oder in die die Berliner Philharmonie (Schumanns Manfred). Sie arbeitete mit den Dirigenten Claudio Abbado, Ingo Metzmacher, Sylvain Cambreling, Mark Minkowski und Alain Altinoglou zusammen. (dpk-krie)