Nix is fix
ARGE KULTUR / JAHRESPROGRAMM
12/01/22 Jammern über Corona und die Folgen? „In der Position sind wir sicherlich nicht, dass wir das tun dürften.“ So ARGEkultur-Chef Sebastian Linz. „Uns geht es darum, Lust zu machen, auf das was da kommen könnte – und in irgendeiner Art und Weise auch kommen wird.“ Humor ist, wenn man trotzdem macht. Kultur nämlich.
Von Heidemarie Klabacher
Vierte, fünfte Welle. Omikron. Zunehmende gesellschaftliche Spaltung. Kommende Impfpflicht... „Für uns heißt das nach wie vor Nix ist fix.“ Ein „unguter Zustand“, dem man in der ARGEkultur nach wie vor mit größtmöglicher Gelassenheit zu begegnen versuche. Absagen, Verschiebungen, Einbußen... sind zwar auch nicht nix, „aber in keiner Weise vergleichen mit dem Leid der schwer Erkrankten", betont Sebastian Linz. „Oder mit dem Druck, der auf Ärztinnen und Pflegerinnen lastet, die in Krankenhäusern und Intensivstationen schier Übermenschliches leisten, um Leben zu retten.“
Trotz aller Widrigkeiten gibt es daher ein Jahresprogramm samt Kabarett: Unter dem Motto Nix ist Fix verkaufe man derzeit „mit erstaunlichem Zuspruch drei flexible Wahl-Abos“. Auch das MotzART FESTIVAL steigt: „Statt einer großen Feier zum Vierzigsten als Festivalausgabe Nummer neununddreißigeinhalb mit fünf Salzburg-Premieren verstreut über drei Wochen“. Kommen werden alte Bekannte wie Christoph & Lollo, Thomas Maurer und Sigi Zimmerschied, aber auch Newcomer wie David Scheid, Kabarettist, DJ und Hauptdarsteller der ORFMockumentary-Serie Dave. Ebenfalls wieder geben wird es den PCCC*, den ersten politisch korrekten Comedy Club.
Gejammert wird in der ARGE also weiterhin nicht. Und um Alternativen ist man beim Vorreiter der alternativen Szene ja nie verlegen. Kann virtueller Raum „Realität“ werden? Wenn, dann in der Ulrike-Gschwandtner-Straße. „Ein digitales Foyer entsteht gerade und wird im Laufe des Herbst zugänglich“, berichtete Sebastian Linz heute Mittwoch (12.1.) bei der Programmpräsentation 2022. Auf dieser Begegnungs-Plattform könne man nicht nur dreidimensionale Räume bauen und diese „angucken“, man „kann sie betreten, drin herumlaufen und andere Leute treffen“. Das ist freilich nicht nur „virtuell“ gemeint, vielmehr liegen dem Ganzen konkret und bereits vorliegende Umbaupläne für einen erweiterten Foyerbereich zugrunde. „Entstanden in Kooperation mit Studentinnen der FH Salzburg wurden die Baupläne des Foyerprojekts in die Social-VR-Plattform Mozilla Hubs übertragen. Das neue Foyer kann darin bald betreten werden, mit VR-Brillen ebenso wie mit personalisierten Avataren auf Ihrem Computer, Tablet oder Smartphone.“ Das digitale Foyer kommt erstmals im März im Rahmen des Festivals Digital Spring probeweise zum Einsatz, als digitale Spielstätte soll es dann im Open Mind Festival im November den Betrieb aufnehmen. Wenn die Finanzierung klappt, soll das Foyer auch in der Realität gebaut werden.
Machen sich Sebastian Linz und sein Team doch auch weiterhin das Zusammentreffen im „echten“ Leben zum Anliegen: Das Open Mind Festival, seit 2018 Mittelpunkt des Jahresprogramms, steht 2022 unter dem Motto Berührt euch. Aus gutem Grund: Berührung sei „nicht nur ein knappes Gut“ in Zeiten, in denen „körpernahe Dienstleistungen eingeschränkt oder verboten, die Menschen zum social und physical distancing aufgerufen sind, sich in Quarantäne und Isolation befinden“. In den Tagen der Pandemie sei Berührung sogar verdächtig, potentiell gefährlich, ansteckend, tödlich.. „Gleichzeitig wissen wir: Wer nicht berührt wird, neigt zur emotionalen Degenerierung, zu geringerer Stressresilienz, erkrankt leichter an Depressionen oder Autoimmunerkrankungen.“ In diesem Spannungsfeld werden sich die Veranstaltungen des Open Mind Festivals im November bewegen.
Veranstaltungsschwerpunkt im März ist die Reihe Fight The Right: Hier geht es um Antifaschismus und Aktivismus im zeitgenössischen Theater. „Dass der aktive Kampf gegen Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und Faschismus eine dringend notwendige politische wie zivilgesellschaftliche Aufgabe ist und bleibt, haben die vergangenen Jahre deutlich gezeigt“, betont einmal mehr Sebastian Linz. Befassen werde man sich, so Linz, auch mit der Frage nach digitaler Berührung, „ausgehend vom neuen Digitalen Foyer“.
Wie immer wird es regionale und besonders auch überregionale Koproduktionen, Koveranstaltungen, Gastspiele und Festivals geben. „So entstehen beispielsweise die Produktionen Zell-Arzberg. Ein Exzess in der Regie von Franz-Xaver Mayr zwischen Salzburg und Klagenfurt, Kleingartenverein Zukunft von Maria Sendlhofer zwischen Salzburg und Wien oder Big Bang von Kollektiv Kollinski zwischen Salzburg und Graz. „Was bedeutet, höhere Budgets, bessere Produktionsbedingungen, mehr künstlerisches Potential für freie Theater-,Tanz- und Performance-Projekte in Salzburg – und darüber hinaus.“
Besonders stolz ist Linz auf „die vielen hybriden Formate, die wir 2022 zeigen“. Der durch die Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub, die Beschäftigung von Tanz-, Theater- und Performance-Künstlerinnen mit Digitalität mache sich zunehmend bemerkbar. Projekte wie German Horror Daemonium von cobratheater.cobra, Arme Leute (von heute) der Gruppe Theater der Mitte oder Planet 09 von Schwarz/Schäfer/Seraphin „sind an der Schnittstelle von Performance, Medienkunst und Gaming angesiedelt und integrieren analoge wie digitale Interaktionsmöglichkeiten mit dem Publikum“.
Im Bereich Tanz bringt der Februar den Abend 4 A.M. – A House Dance Piece von Tanzcompany Potpourri als Koproduktion mit dem brut Wien und imagetanz 2021. Im Bereich Theater kommt im Februar Zell-Arzberg. Ein Exzess. Im März Kleingartenverein Zukunft. Im Mai bringt eine Wiederaufnahme der Geschichte von den Pandabären des Theater Ecce. Gleich morgen Donnerstag (13.1.) steigt die erste Theaterpremiere des neuen Jahres - das Stück Konferenz der Frauen der Truppe Chromosom XX.
www.argekultur.at
Bilder: Stills von der PK (3) / Felix Ludwig (2)