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Befreiung aus der Konvention

EDITTA BRAUN / LAYAZ

08/10/19 Den jüngsten James Bond eröffnete ein lärmender Umzug am Tag der Toten in Mexico City: Im bunten Treiben der Skelette und Gespenster gab es auch eine Gruppe weiblicher Figurinen im schwarzen steifen Rock stilsiert sich drehend wie Püppchen auf einer Spieluhr: Genau so eröffnete die Tänzerin Cat Jimenez in der Choreographie von Editta Braun deren neueste Produktion Layaz.

Von Heidemarie Klabacher

Wie auf Rollen (vermutlich tatsächlich auf Rollen unter den Schuhen) gleitet das Urbild „der Frau“ untadelig daher: Bodenlanger Rock, Mieder, leicht gepuffte lange Ärmel. Kopf-, Arm-, Hand-, Fingerhaltung wie aus dem Lehrbuch für die „höhere Tochter“ aus besserem Hause. Jeder Moment ein Zitat aus der Kunstgeschichte und der Frauendarstellung vergangener Jahrhunderte. Die Frau: Ein kostbares Stück produziert zum alsbaldigen Verscherbelt werden an einen Gespons und meistbietenden Meister.

Für Augenblicke wird es noch schlimmer: Der Zopf hat sich gelöst. Das lange Haar (funktoniert wohl nur mit genau dieser Künstlerin) wird wie eine Vermummung um den Kopf geschlungen: Kann eine Anspielung auf radikal-religiöse Aspekte sein. Kopftuch und Schleier hat es aber auch in „unserer“ Kultur gegeben. Dann ändert sich innerhalb weniger Minuten alles.

Die steifen stilisierten Handbewegungen – barocke Tanzbücher fallen einem natürlich ebenfalls ein – müssen als erste dran glauben. Dann der lange Rock, dann das Mieder... Nach jeder Runde hinter den transparenten Vorhang in der Bühnenmitte kommen die Solistin und ihr Alter Ego befreiter und freier zurück. Die Bewegungen lockern sich, das Bewegungs-Repertoire vergangner Jahrhunderte weicht dem Bewegungs-Repertoire zeitgenössischen Tanzes.

Wie immer in den Produktionen der Editta Braun Company kommt der Musik von Thierry Zaboitzeff eine zentrale Rolle zu. Anspielungen auf frühere Klangsprachen huschen da und dort vorüber, sind dabei noch viel elusiver als die historischen Anspielungen in der Bewegungssprache. Das Anliegen des Stücks mit dem sprechenden Titel Layaz / Lagen, die Schilderung einer weiblichen Befreiung, ist simpel, seine Umsetzung aber subtil. Spannend, wie in der gemeinsam von Tänzerin Cat Jimenez und Choreografin Editta Braun entwickelten Performance, die Bewegungsprachen einander ablösen. Spannend, wie sich aus dem stilisiertem Bild der von Konvention unterdrückten ein Bild der selbstbewussten modernen Frau wird. Eine kleine – nur fünzigminütige – aber feine Arbeit, die Editta Braun zum Dreißiger ihrer Company in der Szene Salzburg sich selbst und dem Publikum geschenkt hat. Nochmals: Herzliche Gratulation.

Bilder: dpk-klaba
Zum dpk-Porträt anlässlich Dreißig Jahre Editta Braun Company
So gebrannt hat es noch nie in meinem Leben

 

 

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