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Welch neue Wunder trägt die Erde

BACH WERK VOKAL / LA RESURREZIONE

25/04/18 Salzburg muss ein Hotspot für Engel sein. Wie sonst wäre diese Konzentration engelsgleicher Stimmen erklärlich, mit der die Projekte von Gordon Safari und BachWerkVokal regelmäßig für reines Entzücken sorgen? Zum ersten Mal in einer szenischen Produktion, mit Georg Friedrich Händels „La Resurrezione“.

Von Heidemarie Klabacher

Gordon Safari, das Vokalensemble „BachWerkVokal“ und „Kontra.Punkt. Das Barockorchester“ sind für Freunde der Vokalmusik mit ihren Projekten in der Evangelischen Christuskirche nicht mehr aus dem Salzburger Konzertkalender wegzudenken. Von Konzert zu Konzert überraschen der so unermüdliche wie stilkundige musikalische Leiter und die Seinen mit ihren anspruchsvollen Projekten auf höchstem Niveau. Nicht allein die h-Moll-Messe vom Oktober des Vorjahres ist in strahlender Erinnerung.

Diesmal also nicht Bach, sondern Händel. Erstmals szenisch. Das Passionsoratorium „La Resurrezione“ des 23jährigen Georg Friedrich Händel ist eine verkappte Oper. Nur war 1708 in Rom Oper verboten und das Werk wurde als Oratorium ausgegeben (was den Zoff mit der kirchlichen Obrigkeit aber keineswegs beendete). Freilich braucht schon die Musik des ganz „jungen“ Händel ohnehin keine „Untermalung“: Der unergründliche Quell unvergleichlicher Melodien, vielschichtiger Harmonik samt des Einsatzes dramatischer Chromatik, sprudelt schon hell im Frühwerk. Längst geschärft ist auch der Blick des jungen Komponisten in die Tiefe der Psyche einer Figuren.

„Kontra.Punkt. Das Barockorchester“ hat unter der Leitung von Gordon Safari mit delikatester Phrasierung, subtil aufgefalteten Farbklangspektren und mitreißender Energie den Solistinnen und Solisten geradezu eine Rampe hinauf in den Sängerhimmel gelegt – und mit delikaten Soli den Arien Glanzlichter aufgesetzt. Mit Annegret Siedel saß eine versierte Künstlerin am Konzertmeister-Pult.

In „La Resurrezione“ begegnen einander Maria Maddalena, Maria Cleofe und Giovanni Evangelista – fassungslos und trostlos nach dem Kreuzestod Jesu. Besonders Maddalena scheint mehr verloren zu haben, als nur einen religiösen Führer. Neben den Menschen, diese bedrohend bzw. tröstend, liefern sich Lucifero und Angelo ein Scharmützel, dessen Ausgang längst klar ist: Der Gott, „der in die Menschen vernarrt und für sie gestorben ist“, wie Lucifero hämisch singt, wird siegreich auferstehen. Das müssen die Protagonisten, in denen die Hoffnung ohnenhin nie ganz erstorben ist, nur noch realisieren.

Zur szenischen Umsetzung in der Christuskirche, der Altarraum wurde zur Baustelle, darf vermerkt werden, dass die um Abstraktion bemühte Ausstattung von Bühnenbildnerin Theresa Gregor und die zurückhaltende Personenführung von Regisseur Konstantin Paul nicht gestört haben. Gegen Ende – Cleofe und Giovanni frohlocken „vorne“ im Altarraum über die Gewissheit der Auferstehung, während Maddalena „hinten“ in der Apsis im strahlenden Licht dem Herrn „begegnet“ – wird tatsächlich die dramatische Gleichzeitigkeit der Ereignisse greifbar: „Dann erkannte ich jenes Gesicht, in dem sich das Paradies spiegelt“, singt dann Maddalena, die Licht- und Schattenapotheose im Hintergrund quasi nachträglich erläuternd. Das waren auch szenisch bewegende und überzeugende Momente.

Die Sopranistin Electra Lochhead verlieh der zentralen Figur der Maria Maddalena eine jener engelsgleichen Stimmen, für die es keine Erdenschwere, keine technischen Grenzen, ja nicht einmal die Notwendigkeit zum Atmen zu geben scheint. Die junge Sopranistin, derzeit Studentin am Mozarteum, betörte mit ihren präzisen, aus feinstem Stimmsilber getriebenen Koloraturen, wie mit ihren weitausschwingenden aus warmen Stimmgold herausstrahlenden Melodien. Die Mezzosopranistin Sophie Allen als Cleofe überzeugte mit schlanker Kraft in der immer wieder geforderten Tiefe ihres Registers genauso, wie mit spielerischer Leichtigkeit in der Höhe. Zum „Engelsterzett“ ergänzte diese Besetzung die Sopranistin Zsófia Szabós als Angelo. Der junge Tenor Yu Hsuan Cheng sang die Partie des Giovann. Der Bariton Elliott Charlton Hines, den Salzburgern vom Landetheater bekannt, machte als Lucifero gehörigen dramatischen Effekt.

Bilder: BachWerkVokal/ Michael Brauer Erzählende Photographie

 

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