Oh weh! Mein Mann hat sich dertränkt!
LANDESTHEATER / DOMQUARTIER / NACHTS IM MUSEUM
22/02/18 Blattgolden, rotseiden, kristallfunkelnd. Es hätte ein stimmungsvoller, ja verzaubernder Abend im prächtigen Halbdunkel der „Prunkräume“ der Alten Residenz sein können - wäre da nicht die geradezu leichtfertig stil-vergessen „interpretierte“ Musik gewesen.
Von Heidemarie Klabacher
Ein dramaturgischer Super-Gau zum Beginn: Ein netter freundlicher junger Mensch weiblichen Geschlechts labert dem Publikum qualvolle zwanzig Minuten lang das Programm vor. Die Ausführende erhellt immerhin die konzeptionellen Hintergründe: „Der Abend heißt ‚Nachts im Museum‘ und jetzt ist es Nacht und wir sind im Museum.“
Das Gesamtpublikum wird in dieser Produktion in zwei Gruppen geteilt, die die Stationen des Wandelkonzerts entgegengesetzt durchlaufen. Ob es die „Blaue Gruppe“ mit der Einführung personell besser getroffen hat? Zeitlich sicher nicht, denn erst kurz vor zwanzig Uhr trifft man im Carabinierisaal aufeinander zum gemeinsamen musikalischen Auftakt - zur Hinrichtung von Josef Gabriel Rheinbergers „Abendlied“ op. 69/3.
Jede Stimme innerhalb jeder Stimmgruppe war da einzeln zu hören, ein in sich ausgewogener homogener Chorklang stellte sich das ganze wunderbare Stück hindurch nicht ein.
Die Damen des Chores des Salzburger Landestheaters kämpften sich ein paar Stationen weiter recht wacker durch Franz Schuberts sauschweren chromatikreichen Kanon „Lacrimosa son io“ D 131, als Nonnen verkleidet mit Kerzen durch die „Galerie“ wandelnd. Der Herrenchor versammelte sich dann ums Eck im vornehmen „Weißen Saal“ zur Vernichtung zweier launiger Chorstücke von Johann Michael Haydn und eines Mozartkanons. Wir haben keine Zeile Text verstanden, konnten tags darauf beim Carus Verlag aber eine Probepartitur aufstöbern: „Jüngst war Herr Mops noch an Verstand ein Strohkopf ohne gleichen…“ ist der Beginn des Männerchors „Verwandlungen“ MH 591. Ein deftiges Klamauk-Stück verträgt schon ein wenig sangesfreudige Deftigkeit.
Deftig ist auch Mozarts Aufforderung „Leck mich am Arsch“ KV 231. In Noten gesetzt hat Mozart aber schon einen sechsstimmigen Kanon, kein vielstimmig-atonales Gegröle. Adrian Kelly, für musikalische Leitung und Konzept verantwortlich, hat den Abend „Nachts im Museum“ als Opernabend deklariert. Warum hetzt er den (sonst ja ausgezeichneten) Opernchor in ein Nicht-Opern-Repertoire, das stilistisch zu beherrschen nicht seine Sache sein muss?
Die weiteren - dramaturgisch durchaus wohl überlegten und aus kundigen Einblicken in die Salzburger Musikgeschichte zusammen gesetzten - Teile des musikalischen Rundgangs ließen interpretatorisch jegliche auch nur rudimentäre Umsetzung der Erkenntnisse historischer Aufführungspraxis vermissen.
In das rein technische Niveau eines Geigers, der sich – just in Salzburg – an einer „Rosenkranz-Sonate“ von Heinrich Ignaz Franz Biber öffentlich versuchen will, setzt man jedenfalls deutlich andere Erwartungen.
Eine Opern-Gesamtaufführung gab es auch: Im Thronsaal vereinten sich die beiden Publikumsgruppen zur gemeinsamen Begegnung mit dem „Bassgeiger zu Wörgl“, einer gut fünfzehnminütigen Singspiel-Miniatur von Johann Michael Haydn. Tamara Ivaniš und Raimundas Juzuitis hatten den Ehekonflikt wegen Alkoholismus des Gatten im (Tiroler?) Dialekt zu singen. Die daraus resultierende völlige Text-Unverständlichkeit war schon fast wieder komisch. „Oh weh. Oh weh. Mein Mann hat sich dertränkt“ ist als einzige Zeile „angekommen“. Kapiert hat man das selten aufgeführte „musikalische Juwel“ dennoch: Die Frau entschuldigt sich dafür, dass der Mann ihr Leben durch Suff unerträglich macht.
Begleitet wurden die Sängerinnen und Sänger auch bei den Ausschnitten aus Werken von Guiseppe Rasi (1574 bis 1621) und Claudio Monteverdi von der Wiener Formation „Delirio & Friends“. An historisch informiertes Musizieren schien dieses Ensemble auch in der Sängerbegleitung keine besonderen Gedanken verschwendet zu haben. Hätten sich nicht einige Mitglieder des Mozarteumorchesters für die Produktion gewinnen lassen? Da gibt es einige, die das - Schule Ivor Bolton - stilistisch im kleinen Finger und den Abend zum Gewinn gemacht hätten.
Ein gestalterisch intensives und gesanglich überzeugendes Moment gab es (für die „Rote Gruppe“ ganz zu Beginn) auch: Da sang nur von Klavier begleitet die Sopransitin Anne-Fleur Werner im Rittersaal, dem Uraufführungsort, die Arie „L’amerò“ aus Mozarts „Il re pastore.“