Wir sind stolz und dankbar
20 JAHRE DREHPUNKTKULTUR
15/03/24 Die Augen haben wir uns gerieben, als wir die Zahl gelesen haben: 29.566. So viele Texte sind im DrehPunktKultur seit seiner Gründung vor genau zwanzig Jahren erschienen. Das sind beinah 1.500 im Jahr, im Tagesdurchschnitt bis zu vier.
Von Heidemarie Klabacher
und Reinhard Kriechbaum
Der erste Text, der am 16. März 2004 online gegangen ist? Er galt einem Konzert bei der Kulturvereinigung. Der greise Milan Horvath dirigierte das Philharmonische Staatsorchester Halle, als Solist stand Benjamin Schmid auf dem Podium. Dieser war da zwar schon längst dem Wunderkind-Alter entwachsen, dennoch war der Dirigent genau ein halbes Jahrhundert älter als der Geiger, nämlich 85.
Worüber berichteten wir noch in den ersten DrehPunktKultur-Tagen? Die Werkstätten des Landestheaters waren gerade frisch saniert worden. Lutz Hochstraate war damals Intendant und musste von einer sinkenden Zahl an Theaterbesuchern berichten (minus 15 Prozent), wogegen sich die Elisabethbühne (heute Schauspielhaus Salzburg) über einen Publikumszuwachs von satten 23 Prozent freute. Der Universitäts-Chor ließ Ein deutsches Requiem von Brahms hören und die Jungen Festspielfreunde stemmten eine pfiffige Text-Collage auf der Elisabethbühne.
Das allererste Porträt im DrehPunktKultur galt Elisabeth Fuchs. Ihr Orchester hieß damals noch Junge Philharmonie und war gerade fünf Jahre alt geworden. Das Landespressebüro hatte eine Broschüre zum damals aktuellen Stand der Museumspädagogik herausgegeben. Ein Figaro im Landestheater wollte uns gar nicht gefallen, umso mehr eine Ausstellung im Spielzeugmuseum. Wir berichteten von der Großen Aula (die wurde gerade umgebaut). Eine Buchbesprechung, zwei Filmkritiken...
Der Themenvielfalt sind wir in den zwanzig Jahren treu geblieben. Es war von Anfang an unser erklärtes Ziel, unsere Leserinnen und Leser auch Dinge wissen zu lassen, die in den Printmedien schon damals keinen Platz mehr fanden. Genau das war schließlich der unmittelbare Beweggrund für die Gründung des DrehPunktKultur: Die Feuilletons waren ab der Jahrtausendwende besorgniserregend dünn geworden. Kritiken seien, so hieß es, nicht mehr gefragt bei der Leserschaft. Wir hatten den Ehrgeiz, mit unserem Non-profit-Unternehmen dagegen und besonders die viel geschmähte Konzertkritik hoch zu halten. „Kultur was geht“, war die Devise.
Die Internet-Abdeckung war 2004 gerade so breit, dass das Projekt einer regionalen Online-Kulturzeitung aussichtsreich anmutete. Die Reaktionen haben uns recht gegeben. Schon in den ersten Monaten stieg die Zahl der Newsletter-Abonnenten auf über tausend – einzig auf der Basis von Mundpropaganda. Werbung konnten wir uns nie leisten. Umso herzlicher dürfen wir uns bei unseren Leserinnen und Lesern für das anhaltende Interesse bedanken.
Der Zugang für alle war uns von Anfang an wichtig. Deshalb sind unsere Texte seit je her ohne Bezahlschranke zugänglich. Wir freuen uns, dass viele unserer Leserinnen und Leser großzügig sind und für den DrehPunktKultur spenden. Ganz ohne Geld geht’s ja doch nicht. Auch unseren Inserenten sei an dieser Stelle gedankt.
Unser „Kapital“ war und ist die einsatzfreudige, idealistisch eingestellte Schar der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wer war nicht aller dabei! Von Anbeginn engagierte sich etwa der ehemalige Kulturchef der Salzburger Nachrichten, Werner Thuswaldner. Falter-Mitbegründer Christian Martin Fuchs, leider früh verstorben, zählte ebenso für kurze Zeit zum Team wie Jahre später Teresa Präauer, die alsbald den Weg als Schriftstellerin einschlug. Säulen des DrehPunktKultur bis heute sind Gottfried Franz Kasparek und Horst Erwin Reischenböck: Musik-Kenner von Rang, deren Expertise, Fleiß und unerschöpfliche Liebe zur Musik die Handschrift des DrehPunktKultur prägen. Erhard Petzel ist unser wortgewaltiger Grenzgänger zwischen Musik und Theater, eine weitere Säule der Verlässlichkeit und Begeisterung. Oliver Schneider ist unser Mann mit dem weiten Horizont. Er berichtet vom „Rest der Welt“.
Ein Herzstück der Literatur-Berichterstattung ist bis heue die „Rauris-Connection“ mit dem Fachbereich Germanistik. Seit Jahren berichten Studierende im Rahmen einer Lehrveranstaltung aktuell für uns aus Rauris: Ohne das Engagement der jungen Leute und der jeweiligen Lehrveranstaltungs-Leiterinnen und -Leiter gäbe es diese lebendigen Texte nicht zu lesen.
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schreiben bis heute ohne Honorar.
Auch durften wir mehrere Jahre lang Praktikantinnen und Praktikanten des Fachbereichs Kommunikationwissenschaften betreuen. Viele Studentinnen und Studenten packten mit Neugier und Engagement die Möglichkeit beim Schopf, journalistische Erfahrungen zu sammeln, die sie sonst nirgendwo hätten machen können. Die Honorarfrage war sekundär. Mit Begeisterung haben sie sich von uns ins kalte Wasser von Premieren, Lesungen, Interviews oder Reportagen werfen lassen. Die Ergebnisse des unverbrauchten Blicks und jugendlichen Zugangs waren immer ein Lesegenuss. Alle stehen längst im Beruf, viele arbeiten im Kulturbereich, einige haben die journalistische Laufbahn eingeschlagen. Ihnen allen sei noch einmal gedankt!
Groß war unsere Freude und Überraschung, als sich mit Andreas Öttl und Christina König – nach mehreren Jahren auf eigenen Karrierepfaden – ein früherer Filmkritiker und eine frühere Literaturkritikerin aus dem studentischen Pool bei uns wieder gemeldet haben: Ohne Schreiben sei das Leben langweilig. Das können wir nur bestätigen.
Bild: dpk