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Besuch in der Zuckerwattenfabrik

DIALOGE / ERÖFFNUNG

24/11/19 Der kräftigste Applaus galt dem anspruchsvollsten Werk. Das Dialoge-Publikum, über viele Jahre eingehört und eingeschworen auf Neue Musik, lässt sich so leicht nicht einlullen vom Nebelklang der Marimba. Die Jubelrufe im Eröffnungskonert galten dem radikalsten Stück: Thirteen Drums von Maki Ishi aus dem Jahr 1985 ist längst ein Klassiker.

Von Heidemarie Klabacher

Dass irgendein Marimba Quartett in 34 Jahren Christoph Ehrenfellners Fantasia sopra una canzone romana aufführt, ist denkbar. Das Stück pendelt mit deutlich erkennbaren ironischen Anklängen zwischen Jahrmarkts- und Filmmusik und unterläuft seine vordergründige Italianitá immer wieder mit unruhevollen, da und dort beinahe düsteren Momenten: Den Film, den Christoph Ehrenfellners Quartett für vier Marimabas Chitarra Romana untermalt, kann man sich, bei unvermeidlichem Happy End, gut vorstellen.

Das gelingt nicht bei Michael Frankebergers Echo of Silence für vier Marimbas, ebenfalls uraufgeführt am Freitag (22.11.) beim Eröffnungskonzert des Dialoge Festivals im Großen Saal des Mozarteums. Wohlig wogender Wohlklang zur akustischen Untermalung computergenierter Farbschlieren ist das einzig sich aufdrängende Bild zum Stück. Das Wave Quartet, die Formation des Schlagwerkvirtuosen Christoph Sietzen, faszinierte freilich dennoch mit der stupenden Demonstration radikaler Samtigkeit und Glätte.

Zur Gruppe der Werke mit ästhetischem Überhang gehört auch John Throwers Just one World für Sopran und Marimba aus 2004, zwei Lieder der lyrischen wie musikalischen Erfindungskunst aus dem Gesangsbuch des radikal-evangelikalen Weltverbesserers. Die Sängerin (Laura Tatulescu) war weder gesangs- noch texttechnisch in der Lage, den schwämerischen, vom Wave Quartet aber selbstbewusst gen Himmel gefegten Höhenflügen des Marimba-Parts auch nur ansatzeweise Paroli zu bieten.

Christoph Sietzen habe sich als Partner für diesen Abend eine Sängerin, einen Organisten und einen Cellisten gewünscht, erzählte Andreas Fladvad-Geier, der künstlerische Leiter des Dialoge Festivals. Der Wunsch des Multipercussionisten wurde erfüllt. Und so spielte Hannfried Lucke Johann Sebastian Bachs Fantasie und Fuge g-Moll BWV 542. Die hervorragende Propter Hominies Orgel im Großen Saal ist ja kein typisches Bach-Instrument. Dennoch ist es immer wieder eine Freude und ein Genuss, Bach einmal nicht in Kirchen- sondern Konzertsaal-Akustik zu hören.

Der Cellist Maximilian Hornung hat den Abend mit dem eleganten facettenreichen Piece for Cello von Dieter Ammann aus 1994 eröffnet: Ein hervorragendes Werk, das „trotz“ des Einsatzes zeitgenössischer Methoden der Klangerzeugung die Grandezza einer großen Cello-Fantasie der Romantik in sich trägt.

Für den als Haupt-Protagonisten angekündigten (und auch erwarteten) Christoph Sietzen blieben in insgesamt drei Stunden Konzertdauer an Original-Kompostionen einzig Joseph Schwantners Velocities (Moto perpetuo) für Solo-Marimba und eben Thirteen Drums von Maki Ishi aus dem Jahr 1985: Letzteres erklang gegen Ende des Programms und wirkte wohltuend wie ein würziges Chili nach dem kostprobenreichen Besuch in der Zuckerwattenfabrik.

Dialoge Festival bis 1. Dezember - www.dialoge-festival.at
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

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