Jedem Stück seinen Ort
DIALOGE FESTIVAL / ORTSWECHSEL
15/11/19 Nennen Sie – spontan – drei Orte: Wo wurde in Salzburg noch nie ein Konzert gespielt? Gar nicht so leicht... Der Europark ist eine hippe Locaction geworden, der Hauptbahnhof eine längst vertraute alternative Spielstätte. Aber man muss nur suchen: Die Dialoge von 22. November bis 1. Dezember laden mit kurzen Konzerten Neuer Musik 13 mal zum Ortswechsel.
Von Heidemarie Klabacher
Die Bonney & Kleid Boutique ist zwar nicht weit entfernt vom ehrwürdigen Stiftungsgebäude, aber Musik gespielt wurde dort noch nie. Oder? Jedenfalls ist der Ort passend: Die prächtig bunten, oft groß-bemaschten Abendkleider aus kostbaren Stoffen bilden garantiert einen effektvollen Rahmen für ein kleines Konzert. Ausserdem steht Musik dort ohnehin übergroß im Hintergrund, ist es doch die Sopranistin Barbara Bonney, die mit ihrer eigenen Kollektion im Bonney & Kleid ihre Leidenschaft für den Retro-Glamour der 50er Jahre austobt. Ching-Miin Wang, Klavier und Ornella de Luca, Gesang, werden sich unter die Roben mischen.
IKEA war bislang selbst erfahrenen und geprüften Konzertgängern noch keine Musik-Location. Das wird sich mit den Dialogen 2019 ändern, denn der Percussionist Nico Gerstmayer wird dort mittels Marimba und Ikea-Küchenutensilien aufspielen – und der Neuen Musik vielleicht mit Witz und Ironie neues Publikum gewinnen. Im Europark spielt Gerstmayer ebenfalls, aber ohne Ikea-Kochlöffel.
„Im Ortswechsel verlassen die Musikerinnen und Musiker den Konzertsaal und ziehen in die Stadt: An ungewöhnliche Orte, sei es der Bahnhof, Cafés, Hotels, Museen oder öffentliche Plätze – die Stadt wird zum Konzertsaal“, sagt Andreas Fladvad-Geier, der künstlerische Leiter der Dialoge. „Aber Ortswechsel heißt auch Perspektiven-Wechsel und führt zu ungewohnten Hörerlebnissen und Begegnungen auf beiden Seiten.“ Dem Intendanten ist die 13teilige Kurz-Konzertreihe Ortswechsel eine Aufforderung zum Dialog fernab des geschützten Konzertsaals und ein Herzensanliegen im Gesamtprogramm. 15 bis zwanzig Minuten zeitgenössische Musik seien, so Fladvad-Geier, „ein Zeitraum, den viele auch zwischendurch und zufällig investieren und einen erfrischenden neuen Zugang zu Musik finden können“.
Dennoch verstehe er, betont der Intendant im Programmheft, die Reihe Ortswechsel nicht als bloße Werbeveranstaltung zur Gewinnung neuen Publikums, sondern will sie durchaus als „vollgültiges eigenes Format“ verstanden wissen, „das an anderen Orten auch eine andere Wahrnehmung von Musik ermöglicht“. Wenn jemand nach einen Miniaturkonzert bei freiem Eintritt sagt, als nächstes wolle er oder sie ein „großes“ Konzert bei den Dialogen besuchen, sei ihm das freilich auch sehr recht, so Andreas Fladvad-Geier. Ganz wichtig: „Es soll das richtige Stück auch den richtigen Raum bekommen.“
Unter den insgeamt 13 alternativen Locations zum Ortswechsel befinden sich neben Bonney & Kleid oder IKEA freilich auch Orte, die von anderen Veranstaltern – oder auch der Stiftung selbst – längst und vielfach bespielt wurden, die dennoch tatsächlich immer wieder neue Zugänge ermöglichen. Im Café Bazar (sonst doch eher der Literatur und dem Theater vorbehalten) spielen die Gitarristen Cristian Gramesc und Markos Destefanos, im Hotel Sacher der Geiger Guillermo Martínez und der Celist Florian Sattler. Das Salzburg Museum empfängt die Dialoge-Gäste mit dem Abad String Quartet. Weitere Orte sind die Franziskanerkirche, Schloss Leopoldskron oder die Galerie Mario Mauroner Contemporary Art Salzburg. Im Tanzmeistersaal, kein wirklich kein großer Ortswechsel für das klassische Stiftungspublikum, aber vielleicht ein AHA-Saal für neue Hörer neuer Musik, wird Lorenzo Pone Hammerklavier und Cembalo spielen. Am Bahnhof und im Foyer der Universität Mozarteum spielen Varibrass Salzburg unter der Leitung von Martin A. Fuchsberger. Die Ortswechsel-Konzerte laufen auf einer eigenen 11 Uhr und 14 Uhr-Zeitschiene.