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Schönheit, die die Seele berührt

MARIA PLAIN / MARIENVESPER

11/08/15 „Ziel jeder guten Musik ist es die Seele zu berühren“, wird Monteverdi in dem ausgezeichnet gestalteten Programmheft zur „Marienvesper“ zitiert. Dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist gelungen, am Sonntag (9.8.) in der brechend vollen Kirche Maria Plain, in einer von Hans-Josef Knaust geleiteten Aufführung.

Von Dietmar Rudolf

Schon zu Beginn im „Dominus ad adiuvandum…“ lässt der Chor, gebildet aus den Vocalensembles Maria Plain, „Plain Chants“ und St. Michael Mondsee aufhorchen durch schlanke, elastische Stimmführung. Kongenial ergänzt wird er durch das Kammerorchester Salzburg Barock, das selbstverständlich auf Originalinstrumenten spielt. Die symmetrische Aufstellung der Sänger vor der Chorschranke begünstigt den quasi stereophonen Klang der „chori spezzati“. Dass die klein besetzten Chorstimmen, allen voran die Soprane, in der hochbarocken Plainkirche erstaunliche Strahlkraft entfalten, liegt unter anderem daran, dass die Solistinnen und Solisten auch die Chorpartien mitsingen. Ihre ganze vokale Pracht demonstrieren die beiden Solosopranistinnen Aleksandra Zamojska und Diana Plasse im „Laudate pueri“ und im „Pulchra es“, wo sie in geschmeidig geführten Dialogen fast opernhafte Expressivität erreichen. Die von den Emporen mit Echowirkung singenden Tenöre Bernhard Lambauer, Thomas Huber (mit leichten Problemen in der hohen Lage) und Aleksander Rewiński stehen ihnen im „Duo Seraphim“ um nichts nach.

Unterbrochen werden die Kompositionen Monteverdis durch Gregorianische Choräle, mit denen sich der Komponist den kirchenmusikalischen Vorgaben des Trienter Konzils (das Gotteswort und nicht Lust an der Klangschönheit sollte im Zentrum stehen) vordergründig beugte. Dargeboten werden diese – bis auf kleine Intonationseintrübungen – stil- und stimmsicher durch eine dreiköpfige Schola Cantorum.

Der Dirigent führt die Musiker gestisch präszise und gleichzeitig sensibel durch das Monteverdi’sche Universum von flirrend-kaleidoskopischen Akkorden, die manchmal schon an Ligeti denken lassen, über virtuose Polyphonie bis zu den zu Monteverdis Zeiten revolutionären expressiven Monodien.

Zu einem unbestreitbaren Höhepunkt wurde das „Audi coelum“ mit seinen wunderbaren Echo-Wortspielereien, die die leichten und agilen Tenöre von den Emporen sozusagen wie aus der Tiefe des Raumes erklingen ließen. Höchst effektvoll auch die Sonata sopra „Sancta Maria“ mit ihrem Kontrast zwischen den stupend virtuos konzertierenden Zinkenisten Matthjs Lunenburg und Martina Bula und den wie von fern aus dem Himmel erklingenden Choralpassagen des Salzburger Festspiele & Theater Kinderchors, der seine rhythmisch vertrackten Einsätze mühelos meistert. Auch für einen Ungläubigen ist hier das Widerspiel zwischen hoher Theologie und naivem Kinderglauben mit Händen zu greifen.

Im Hymnus „Ave maris stella“ kostete Hans-Josef Knaust die Tempo- und Stimmungskontraste zwischen meditativer Sphärenmusik und tänzerischer Freude voll aus. Hier ließ neben den fulminanten Zinkenisten ein kurzes bemerkenswertes Solo des Countertenors Tomasz Razkiewicz aufhorchen.

Das abschließende „Magnificat“ beginnt wie eine aus dem pianissimo aufblühende Wunderblume. Man hätte sich – einer der wenigen Kritikpunkte – vom Dirigenten noch viel mehr Mut zum chorischen Piano gewünscht, wie auch etwas mehr stimmliche Zurückhaltung der ersten Sopranistin gegenüber ihrer Kollegin. Nach einer wunderbar homogenen „Ensembleszene“ beim „Misericordia“ endet die “Marienvesper“ mit einem fast intim dirigierten „Amen“ und der letzten, streng wirkenden Choral-Antiphon. Und Hans-Josef Knaust erzwingt noch einige Sekunden der Stille, erst dann bricht der verdiente Beifall los.

Bild: www.knaust-salzburg.org

 

 

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