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Semiramis, tragisch und glücklich

SOLITÄR / GLUCK-MATINEE

24/11/12 Die Gluck-Matinee mausert sich: von den Anfängen im Schwarzenberg-Palais über den Wiener Saal der Stiftung in den Solitär der Universität Mozarteum. Dort fand das nachträglich zum 300. Geburtstag veranstaltete Konzert am Sonntag (23.11.) voll besetzte Stuhlreihen.

Von Horst Reischenböck  

Vor nicht allzu langer Zeit stand das Bestehen der Gluck-Forschungsstelle in Salzburg auf des Messers Schneide. Erst Zusagen des Österr. Bundesministeriums, vom Land Salzburg und Sponsoren wie die Nürnberger Versicherung garantierten ein Fortbestehen der Forschungstätigkeit. Als neueste Projekte wurden für nächstes Jahr ein Bildband „Gluck und das Musiktheater im Wandel der Zeit“ angekündigt und die Fortsetzung der Edition an Ballettmusiken im Rahmen der Gesamtausgabe. Diese ist von ursprünglich vier auf mittlerweile über zwanzig Bände angewachsen.

Gluck war in Wien vorerst ursprünglich Ballett-„Compositor“: Das bedingte nicht nur Eigenes, sondern auch Adaptierungen, Bearbeitungen. Er muss sich indes schon damals seiner selbst durchaus bewusst gewesen sein, sonst hätte er wohl nie zur Hochzeit des späteren Kaisers Joseph II. ausgerechnet ein Sujet wie Voltaires Tragödie „Semiramis“ zur Basis einer Tanz-Pantomime gewählt. Kurz gefasst: Die assyrische Königin hat ihren Mann ermorden lassen, verliebt sich in Unkenntnis ausgerechnet in beider Sohn, der vom Geist des Vaters angestachelt zuletzt die Mutter tötet. Sicher kein durchschlagender Erfolg beim Adel, und kein Wunder, dass Gluck in üblicher Mehrverwertung später dann Themen in seine „Iphigénie en Tauride“ übernahm (die kommendes Jahr sowohl bei den Festspielen zu Ostern wie im Sommer zu erleben sein wird).

Die Idee, junge Musiker anzuregen, sich mit Christoph Willibald Gluck zu beschäftigen, hat viel für sich. Sie mündete heuer in einem Projektorchester, in Zusammenarbeit mit dem Musikum Kuchl. Analog dem diesjährigen Matineen-Thema „Opernfeste/Festopern“ brachte die musizierende Jugend, von Eberhard Staiger ambitioniert dirigiert, nach der entsprechend ernst gestimmten Ouvertüre animiert 13 Nummern dieses bei uns noch nie gespielten Werks zu Gehör. Dessen drei Akte wurden auflockernd durch Arien unterbrochen. Zwei aus „Telemaco, ossia L'isola di Circe“, mit dem Gluck dazumal die habsburgische Hochzeitsgesellschaft am Abend nach der „Semiramis“-Aufführung wieder positiv versöhnte.

Eine weitere Semiramis-Variante: Die Veroperung des Textbuchs des Hofpoeten Pietro Metastasio ist weit glücklicher. Auf dieses Werk, „La Semiramide riconosciuta“, hat schon Cecilia Bartoli aufmerksam machte. Es endet mit einer ausgedehnten, noch der ca-capo-Form verpflichtet Licenza, die an die junge Maria Theresia nach Ende der Erbfolge-Kriege gerichtet war. Die Oper ist zur offiziellen Eröffnung des alten Burgtheaters am Michaelerplatz entstanden.

Die junge Russin Sofiya Almazova, Mozarteums-Studentin und im Vorjahr als Teilnehmer am Young Singers Project der Sommerfestspiele bereits als Hl. Margareta in Walter Braunfels „Jeanne d'Arc“ zu erleben gewesen, verströmte ihren wohlklingenden Mezzo gleichermaßen für die durch das antike Weltwunder ihrer hängenden Gärten berühmt gewordene Königin wie für Odysseus Sohn Telemach, der dazumal sicher von einem Kastraten gesungen wurde. Wie auch ursprünglich Glucks „Orfeo“, mit dessen berühmtem Abschied „Che faró senza Euridice?“ als abschließende Zugabe Sofiya Almazova sich mehr als bloß vielversprechend, vor allem aber beglückend in aller Herzen des Auditoriums sang.

Im Rahmen der Gluck-Matinee hat die Nürnberger Versicherung der Gluck-Forschungsstelle an der Universität Salzburg ein Porträt des Komponisten als Leihgabe übergeben. Das Bild – Öl auf Leinwand – zeigt Christoph Willibald Gluck am Spinett sitzend. Es gibt keine Datierung. Der vergoldete Prunkrahmen (ca. 65 x 60 cm) stammt aus dem 19. Jahrhundert. Das Bild stammt aus der Privatsammlung eines bereits verstorbenen Bildersammlers aus dem Raum Eisenstadt.

Bilder: Sofiya Almazova (privat; 1); Neumayr (1)

 

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