Musik-Versteher. Klang-Magier
MdM MÖNCHSBERG / DAVID TUDOR
02/07/21 Cage oder Stockhausen wären lange ungespielt geblieben: David Tudor hat als erster deren oft recht abstraktes Notenbild in Musik verwandelt. 1950 spielte er Pierre Boulez' „unspielbare“ zweite Klaviersonate. In den 1960ern wurde er zum Live-Elektroniker. Bis zu seinem Tod 1996 schuf David Tudor ein vielseitiges Werk zwischen Komposition, Performance, Objektkunst und Installation.
Von Heidemarie Klabacher
„Die Ausstellung Teasing Chaos. David Tudor am Museum der Moderne Salzburg ist die erste Darstellung und Würdigung von David Tudors Entwicklung vom Interpreten zum Composer-Performer, sowie seiner bahnbrechenden Leistungen auf dem Gebiet der Live-Elektronik und der interdisziplinären Projekte zwischen 1961 und 1996.“ So Christina Penetsdorfer, die Kuratorin der Ausstellung.
„Wenn von David Tudor die Rede ist, dann am häufigsten im Zusammenhang mit John Cage, als dessen Hauptinterpret er Berühmtheit erlangte.“ Tudor sei äußerst zurückhaltend gewesen, beredtere Zeitgenossen, „wie beispielsweise Cage selbst“ hätten „mit großer Wertschätzung von Tudors Wirken und Einfluss berichtet, aber auch von seinem enigmatischen und verschlossenen Charakter“: „So erscheint Tudor allgegenwärtig und bedeutsam und zugleich als rätselhafte Erscheinung am Rande des Geschehens.“
Sein Name falle in Ausstellungen und Publikationen oft im Zusammenhang mit zentralen Personen und Ereignissen der US-Avantgarde der Nachkriegszeit.Der internationale Durchbruch gelang dem Pianisten Tudor breits 1950 mit seiner Interpretation von Pierre Boulez’ als unspielbar geltender Klaviersonate Nr. 2, mit der Tudor sich als Interpret experimenteller Musik etabliert hatte. Nur Insidern sei bekannt, so die Kuratorin der Ausstellung Teasing Chaos, warum Tudor seine beeindruckende Pianisten-Karriere zu beginn der 1960er-Jahre einschlafen ließ: „Seine Herangehensweise an die Musik veränderte sich zu dieser Zeit schrittweise von der eines Theoretikers und ausführenden Interpreten zu der eines Composer-Performers und Live-Elektronikers“.
In dieser Zeit habe Tudor begonnen, interdisziplinär mit Künstlerinnen und Künstlern verschiedener Bereiche zusammenzuarbeiten: „Bis zu seinem Tod 1996 schuf er Werke, die zwischen Komposition, Performance, Objektkunst und Installation angesiedelt sind.“ Teasing Chaos. David Tudor ist die erste Darstellung von David Tudors Leistungen auf dem Gebiet der Live-Elektronik und seiner interdisziplinären Projekte.
Gezeigt werden Gemeinschafts-Arbeiten, Archivmaterial, Video- und Audioaufnahmen. Tudor werde damit nicht „nur“ als Interpret und Pianist gezeigt, vielmehr schließe die in Zusammenarbeit mit dem von Tudor gegründeten Kollektiv Composers Inside Electronics (CIE) erstellte Schau „rezeptionsgeschichtlich eine Lücke in der Wahrnehmung des bemerkenswerten Künstlers“.
Die Personale David Tudor stehe in der Reihe von Ausstellungen und Veröffentlichungen des MdM, „die sich mit US-amerikanischen Künstlerinnen und Künstlern und Organisationen der Nachkriegszeit an der Schnittstelle von bildender Kunst, Musik, Performance und Technologie beschäftigen“.
Teasing Chaos. David Tudor am Museum der Moderne Salzburg – Eröffnung ist am Samstag (3.7.) und zu sehen ist die Schau bis 13. Februar 2022 - www.museumdermoderne.at
Zur Ausstellung erscheint eine deutsch-englische Publikation: Thorsten Sadowsky für das Museum der Moderne Salzburg (Hg.): Teasing Chaos. David Tudor. Mit Texten von David Behrman, Billy Klüver/Julie Martin, Patricia Lent, Alan Licht, You Nakai, Christina Penetsdorfer, Matt Rogalsky und Christian Wolff sowie einem Vorwort von Thorsten Sadowsky. Kehrer Verlag, Heidelberg Berlin, 2021. 242 Seiten, 39,90 Euro
Bilder: MdM / Harry Shunk (1); Franny Breer (1); Rainer Iglar (1); Lowell Cross (1)