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Auf der Straße, unter Kunst

KUNST-LITFASS-SÄULEN

02/08/18 Tagsüber flanieren die „Touristen“ dran vorbei, in der Nacht lagern drum herum die „Notreisenden“: Die Kunst-Lifaßsäule von Karin Fisslthaler am Franz-Josef-Kai zeigt Hände und Arme verschiedenster Hautfarben, heißt „Social Network“ und steht für Einsamkeit im Netz. Hände, die nach den Handgelenken eines anderen greifen und ein Geflecht bilden sind doch auch ein Symbol für Solidarität?

Von Heidemarie Klabacher

Die „Kunst-Litfaßsäulen“ verschiedener Künstlerinnen und Künstler sprießen ja nicht von einem Moment auf den nächsten hervor, sondern sind meist schon Tage vor der offiziellen Präsentation fertig. So ist schon in den letzten Nächten (nach Konzertende) die Litfaßsäule genau an der Lager- und Schlafstätte der Notreisenden und Bettler am Franz-Josef-Kai 37, gegenüber der Ausspeisung der Barmherzigen Schwestern, aufgefallen.

Da hat man über das „Design“ noch gar nicht nachgedacht, sondern zunächst mal nur über die Spannung zwischen einem Leben auf der Straße (auch wenn es jetzt in der Nacht warm ist) und einem Leben der l'art pour l'art, das den derzeitigen Lebensraum der Ärmsten der Armen – vermutlich ganz unabsichtlich – mit Kunst ziert.

Seit der offiziellen Präsentation heute Donnerstag (2.8.) bei strahlendem Sonnenlicht blickt man tiefer. Man kann tagsüber auch näher ran gehen, weil man keine armen Leute in ihrer Nachtruhe stört.

„Wir treten täglich auf unterschiedliche Weise miteinander in Kontakt: mittels der Sprache und des Sprechens, über digitale Medien, aber auch mit Blicken, beiläufigen Gesten und Berührungen. Das Social Network, das - von einsamen Händen bedient – uns über Touchscreen und Bildschirme verbindet, lässt die reale Erfahrung von Begegnungen im Alltag unberücksichtigt“, sagt die Künstlerin. Die Collage aus gefundenen Abbildungen bilde ein Netzwerk aus differenzierten Berührungen von Händen und Armen unterschiedlichster Herkunft. Umkreise man die Litfaßsäule, „ergibt sich ein in sich geschlossenes, ineinander verwobenes, nonverbales Kommunikationssystem“.

In der Nacht wird es nicht non-verbal bleiben, wenn man mit seiner Kunst-Betrachtung die „Notreisenden“ aufweckt und nervt...

Einen reizvollen Salzburg-Bezug stellt Matthias Krinzinger mit seiner Arbeit „Kleinvieh macht auch Glanz“ her: Er hat „seine“ Litfaßsäule an der Franz-Josef-Straße 1 flächendeckend mit 1-Eurocent-Münzen beklebt. Pro Quadratmeter seien das das rund 5.000 Stück. „Passanten können einzelne der Kupfermünzen entfernen und mitnehmen. Dadurch verändert sich das Bild der Litfaßsäule über die Dauer von vier Wochen, bis vielleicht der letzte Cent geerntet ist.“ Passt gut nach Salzburg – Jedermann und so – obgleich fraglich ist, ob sich der „Reiche Mann“ vor seinem Sterben mit „Kleinvieh“ abgegeben hat. Die Litfaß-Eule von Reinhold Bidner am Franz-Josef-Kai 39 warnt, auch recht aktuell, vor Überwachungsstaat und Datenmissbrauch.

Die Salzburger Kunst-Litfaßsäulen sind ein Projekt der Abteilung Kultur, Bildung & Wissen der Stadt Salzburg in Zusammenarbeit mit dem Kunstbeirat Salzburg, der Kulturabteilung des Landes Salzburg und der Progress Werbung. Angeregt wurde die Aktion für Kunst im öffentlichen Raum im Jahr 2013 vom Vorsitzenden des Kunstbeirates, Werner Thuswaldner, und Progress-Geschäftsführer Fred Kendlbacher, der die Plakatsäulen und Digi-Screens als Ausstellungsflächen zur Verfügung stellt. Die Kosten für die Ausführung der Werke übernimmt die Progress Werbung.

Dietgard Grimmer, von der Kulturabteilung des Landes, über die Kunst-Intervention in der Festspielzeit: „Sehr positiv und spannend ist die Erweiterung und Vielfalt der Kunst-Litfaßsäulen von ursprünglich rein klassischen Plakatsäulen in den Bereich der neuen Medien – die drehbare City Light Säule und seit dem Vorjahr auch Kurzfilme auf den Digi-Screens.“

Die insgesamt 11 Digi-Screens in der Stadt teilen sich Claudia Larcher und Ina Loitzl mit ihren jeweils gut zehn-sekündigen Streifen „Urban Landscape“ und „Pieta reloaded“ mit normaler Werbung. Auf der Hinterseite der Digi-Screens sind übrigens Defibrilatoren angebracht: Diese haben nichts mit Kunst zu tun, erklärt Cay Bubendorfer vom InfoZ der Stadt Salzburg, sondern seien ein Beitrag der Firma Progress Werbung zum Gemeinwohl, dafür, dass sie im öffentlichen Raum die Digis-Screens aufstellt.

Das in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts erfundene Medium Litfaßsäule habe bewegte Zeiten überlebt und bewähre sich auch heute noch als Plakatfläche und Werbeträger im öffentlichen Raum, sagt Werner Thuswaldner. „Aber eben nicht nur als Werbeträger, sondern auch als Träger künstlerischer Botschaften. Die rege Beteiligung und die Qualität der Einreichungen zeigen, dass die Möglichkeiten und Formen noch lang nicht ausgereizt sind, zumal die digitale Technik zusätzliche innovative Lösungen anbietet. Die Kunst im öffentlichen Raum wird ihrem Anspruch, zu einer Sensibilisierung der Wahrnehmung beizutragen, vollauf gerecht.“

Die Kunst-Litfaßsäulen 2018 - Standorte und Erläuterungen  - www.stadt-salzburg.at
Bilder: dpk-klaba

 

 

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