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Gestörte Liebespärchen

THEATER IM KUNSTQUARTIER

26/01/15 Zwei blutige Stücke zeitgenössischer Autoren lassen die Schauspielschüler des Thomas Bernhard Instituts im Theaterquartier aufeinander treffen. Sowohl in „Waisen“ als auch in „Der Weiße Wolf“ sorgte ein unerwarteter Gast für schwere Turbulenzen bei einem Liebespaar.

Von Christoph Pichler

In „Waisen“ von Dennis Kelly richten sich Danny (Marcel Heuperman) und Helen (Zeynep Bozbay) gerade auf einen romantischen Abend zu zweit ein. Den dreijährigen Sohnemann hat man bei Verwandten untergebracht, so lässt sich die frohe Botschaft der zweiten Schwangerschaft prächtig mit Wok und Wein feiern. Doch da platzt Helens Bruder Liam (Anton Andreew) in die traute Zweisamkeit. Blutverschmiert berichtet er von einem grausigen Angriff in der Nachbarschaft, dessen Opfer er, wenngleich zu spät, zu Hilfe geeilt sei.

Dass Danny sich sofort auf die Seite von Recht und Ordnung stellen, die Polizei rufen und den Verletzten suchen will, kann Helen nicht nachvollziehen. Ihrem vorbestraften Bruder werde die Exekutive sicher wenig Glauben schenken und den notorischen Pechvogel erneut unschuldig zum Verdächtigen machen, zudem sei eine nächtliche Suchaktion in der miesen Gegend brandgefährlich, hält sie Danny vor. Fremde Interessen über die der eigenen kleinen Familie zu stellen. Der schockierte Gatte lässt sich breitschlagen, vorerst nichts zu unternehmen. Doch mit Liams Geschichte gerät auch die vermeintliche Harmonie des Pärchens immer mehr ins Wanken. Und so heißt es bald, um des Familienfriedens willen schreckliche Entscheidungen zu treffen.

Das zweite Stück des knapp über dreistündigen Abends kommt gleich von Beginn an ohne Sympathieträger und Identifikationsfiguren aus. So wird in „Der Weiße Wolf“ von Lothar Kittstein ein Neonazi-Pärchen überraschend von einem alten Kumpel und Kameraden aufgesucht. Groß ist die Freude darüber nicht, fürchten doch Janine (Anna Maria Rieser) und Gräck (Julius Schulte), dass Tosh (Tobias Artner) sie als möglicher Staatsspitzel um ihre neue heile Welt bringen könnte. Und tatsächlich bringt der aufdringliche Besucher nicht nur schönen Erinnerungen an einstige blutige Heldentaten mit, sondern auch längst vergessene Sehnsüchte und Rechnungen sowie neue Gefahren.

Es ist ein abgründiger Doppelpack, den die Mozarteums-Studenten des dritten Jahrgangs aus den beiden Dreipersonenstücken geschnürt haben. Erst geht es unter der Regie von Heike Frank in ein englisches Problemviertel, durch das sich unaufhaltsam eine Spirale aus Beschimpfungen und Beschuldigungen, aus Gewalt und Gegengewalt windet, dann unter der Leitung von Karin Drechsel in die Köpfe rechtsradikaler Zukunfts- und Vergangenheitsromantiker, die für ihre Ideale gerne auch mal töten.

Während das Schauspiel-Trio bei „Waisen“ noch nachvollziehbare moralische Fragen aufwirft und das Bröckeln der Zivilisationsfassade zelebriert, wirkt die Nazi-Gang im „Weißen Wolf“ von Beginn weg wie aus einer anderen Welt. Die Stücke teilen sich das von einer teilbaren und verschiebbaren weißen Wand dominierte Bühnenbild von Martin Hickmann, der auch für die Alltagskleidung der Briten und die wilden Lederklüfte der Junggermanen verantwortlich zeichnet.

 

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