TODESFALL
Christiane Hörbiger (1938-2022)
30/11/22 Man muss schon sehr weit zurückblättern in den Annalen der Salzburger Festspiele, um ihren Namen zu finden: Christiane Hörbiger, die am Mittwoch (30.11.) im Alter von 84 Jahren verstorben ist, hatte der Bühne ja schon 1980 Adieu gesagt und sich auf Film- und Fernsehrollen konzentriert.
Trotzdem: 1990 war sie nochmal da, als Rezitatorin in einer Jubiläumsveranstaltung. Es galt damals, „70 Jahre Salzburger Festspiele“ zu feiern. Ihr Festspieldebüt hatte sie 1961 in der Felsenreitschule gegeben, als unglückliches Lottchen in Raimunds Der Bauer als Millionär. Da spielte ihre Mutter Paula Wessely die Zufriedenheit. Weitere Festspielauftritte waren in Hofmannsthals Der Schwierige (1967), in Shakespeares Was ihr wollt (1972-74), in Nestroys Der Talisman (1976-78) und in Schnitzlers Das weite Land (1980).
Statistisch gesehen „verbrauchen“ Jedermänner mehrere Buhlschaften, im Falle von Christiane Hörbiger war es umgekehrt: Von 1969 bis 1972 spielte sie die Rolle an der Seite von Ernst Schröder, dann war sie die Gespielin von Curd Jürgens (bis 1974).
„Der deutschsprachige Fernsehfilm ohne Christiane Hörbiger ist eigentlich unvorstellbar. Mit ihr verlieren wir alle ein Stück österreichischer Identität“, so Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. Die Vornehmheit in Reinkultur, das war ihre Domäne, in der Fernsehserie Das Erbe der Guldenburgs hat sie dieses Image ausgereizt. Aber dann hat Christiane Hörbiger doch auch viele Herausforderungen gesucht und Rollen verkörpert, in denen ihr die Sympathie des bürgerlichen Publikums nicht so selbstverständlich gehörte. 2001 kam Die Gottesanbeterin heraus, in der sie die Giftmörderin Elfriede Blauensteiner verkörperte (nach einem realen Kriminalfall). Im Fernseh-Drama Stiller Abschied beeindruckte sie als Alzheimer-Patientin, die ihre Diagnose nicht wahrhaben will. Schon zuvor hatte Regisseur Florian Baxmeyer mit ihr das Alkoholismus-Drama Wie ein Licht in der Nacht gedreht. Im Fernseh-Drama Auf der Straße war sie eine Frau aus guten Verhältnissen, die nach dem Tod ihres Mannes plötzlich mittellos ist und schließlich auf der Straße leben muss. „Ich kenne gar keine Eitelkeit mehr“, sagte die damals 77jährige über diese für sie doch sehr ungewöhnliche Rolle in einem Interview. Wichtiger als gefällige Filme, so die Hörbiger damals, sei es „wenn man in meinem Alter ist etwas zu hinterlassen – und das sind diese Stoffe, die brennende soziale Probleme aufgreifen“.
Ein Kinofilm, der untrennbar mit Christiane Hörbiger verbunden ist, ist Helmut Dietls Satire Schtonk, wo sie die Nichte Görings Freya Freifrau von Hepp spielte. Dieser Streifen ist immerhin für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert worden. (dpk-krie)
Bild: Wikimedia / Salzburger Festspiele / Steinmetz