TODESFALL
Heinrich Schiff (1951-2016)
23/12/16 Wenn er Cello spielte, so waren ähnlich eruptive Ereignisse zu erwarten, wie wenn er als Dirigent ans Pult (auch einigemale an jenes des Mozarteumorchesters) trat: Heinrich Schiff ist gestern Donnerstag (22.12.) gestorben. Er war erst 65 Jahre alt.
In den frühen siebziger Jahren begann die Karriere des gebürtigen Gmundners: ein "junger Wilder" an den Cellosaiten, der sich von Bach bis Lutoslawski gleichermaßen mit musikantischer Energie einsetzte. Da konnte man schon gelegentlich übersehen, dass Schiff auf zwei Meisterinstrumenten aus dem Barock musizierte: auf dem
Stradivari-Cello Cello "Mara" und "The Sleeping Beauty" von Montagnana.
Die große Literatur quer durchs Repertoire hat er eingespielt, aber auch zeitgenössische Komponisten wussten das Temperamentsbündel Heinrich Schiff zu schätzen. Johannes Maria Stauds "Segue" hat er mit den Wiener Philharmonikern unter Daniel Barenboim bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt. Hans Werner Henze, Wolfgang Rihm haben für ihn Werke geschrieben, aber auch Friedrich Gulda. Mit diesem wollte Schiff Beethovens Werke für Klavier und Cello einstudieren, woran aber der Pianist kein Interesse zeigte. Statt dessen komponierte er für Schiff das Konzert für Violoncello und Blasorchester. Beethovens Cellowerke hat Schiff dann im Jahr 200 mit Till Fellner aufgenommen.
Schiff entstammte einer Musikerfamilie, sowohl sein Vater Helmut Schiff als auch seine Mutter Helga Riemann waren Komponisten. Ein Schlaganfall vor vielen Jahren hat gewiss einen Knick bedeutet. 2012 beendete Schiff aus gesundheitlichen Gründen offiziell seine Solistenkarriere. Seither trat er nur noch als Dirigent auf (mit dem Dirigieren hatte er schon in den 1990er Jahren begonnen).
Als Hochschullehrer wirkte Schiff in Köln, später am Mozarteum und danach in Wien. Von 2006 bis 2009 leitete er die Musiktage Mondsee. Ab 1990 war er erster Gastdirigent des Bruckner Orchesters Linz. Bei den Salzburger Festspielen trat er 1976 erstmals auf, als Solist des RSO. (dpk)