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Das Musikstudium war meine Rettung

TODESFALL / GEORG MARIA HOFMANN

29/04/24 „1. September 1939 war mein erster Schultag. Die Schule war sehr gut, den Krieg kannte ich ja bereits. Durch den Großvater väterlicherseits, Diplom-Ingenieur und Bahnhofsdirektor in Fünfkirchen, wurde meine Liebe zur Geometrie geweckt.“ Zuletzt hat der große, bescheidene Denker, Musiker und Autor noch einmal vom Krieg erfahren müssen: Georg Maria Hofmann ist am 27. April mit 91 Jahren verstorben.

Von Heidemarie Klabacher

„Durch den Großvater mütterlicherseits lernte ich den Krieg kennen: Obwohl erstgeborener Sohn eines schwäbisch-ungarischen Großbauern aus Perjamos, Südungarn, hatte er aufgrund seiner schmächtigen Statur den Hof nicht erben können und daraufhin seinen Heimatort verlassen, um nach Finnland auszuwandern. Doch bereits in Györ, Nordungarn, begegnete er meiner künftigen Großmutter und gründete dort eine Familie.“

Lakonisch, selbstironisch und von hintergründigem Humor, wie die Kurz-Autobiografie (auf der Website des Sessler-Verlages) ist auch das Werk Georg Maria Hofmanns. „An allen Fronten des 1. Weltkrieges verwundet, zeugte er, der Großvater, bei jedem Heimaturlaub ein Kind. Wieder daheim, war er erstaunt, sieben Kinder vorzufinden. Krieg, Gefangenschaft, sieben Kinder, das war zu viel. Mir, dem Kindergartenkind, erzählte er vom Krieg. Ich zeichnete die Isonzo-Schlachten, Przemysl und Verdun. Die Bilder wurden vom weiblichen Teil der Familie mit Empörung aufgenommen und von der Großmutter verbrannt.“

Zufall? Das letzte Buch des Autors trägt den Titel Das Kind mit den sieben Namen. „2020 Personenstandsänderung von weiblich auf männlich aufgrund bestehender Transidentität lautet der Eintrag im Lebenslauf des Autors am Ende des Buches.“ So eröffnete DrehPunktKultur vor etwas mehr als einem Jahr die Rezension: „Diesen persönlichen Aspekt eines komplexen Lebens thematisiert Georg Maria Hofmann, mit heutigem Datum, 17. März 2023, Neunzig geworden, in seinem jüngsten Roman – immer wieder aus sicherer, poetisch verfremdender, sprachkünstlerischer Distanz. Auch politische Gräuel, Folter und Mord oder einfach einen tragischen Verkehrsunfall in der regennassen Alpenstraße hält Georg Maria Hofmann, der erfahrene Theaterautor, mit Hilfe der Sprache im Zaum. Die oft geradezu bizarren Szenarien, Leben, Tod, Liebe, Wahn, Missbrauch, haben neben ihrer poetischen zugleich eine dramatische Kraft, die die gelesenen Szenen direkt auf die Bühne der Imagination hebt. Diese ist nur selten ein Ruhekissen.“

Mit einem abgeschlossenen Musikstudium in der Tasche, flüchtete der /die damals 23jährige während des Ungarnaufstandes nach Österreich. Ein Stipendium ermöglichte ein Graduierten-Studium bei Bernhard Paumgartner am Mozarteum. Es folgten Jahre freiberuflicher Arbeit bei deutschen Fernsehanstalten. „Zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft“ übersiedelte Hofmann zurück nach Salzburg „überahm eine Musiktheorie-Klasse und an der Landesnervenklinik eine Sozio- und Psychodrama-Verpflichtung“.

Was man beim Lesen der virtuosen sprachspielerischen Texte Hofmanns gerne übersieht: Deutsch war nicht die Muttersprache. Gleich nach der Flucht 1957 habe er „zur Überwindung der Sprachschwierigkeiten begonnen, in deutscher Sprache zu schreiben“. Hofmanns erstes Hörspiel, Ein Missverständnis, wurde 1961 vom ORF Graz produziert. „Der Rockefeller-Stipendiat und Stipendiat der Stadt Hamburg, der Musiktheaterproduzent, der Österreichische Staatsbürger ab 1961, der Roman- und Theaterautor, dessen erste Uraufführung 1967 in Salzburg gefeiert wurde, der Gründer und langjährige Leiter der Internationalen Paul Hofhaymer Gesellschaft zunächst für Alte, dann für Alte und Neue Musik, der Träger des vom Bundespräsidenten verliehenen Berufstitels Professor, des Goldenen Stadtsiegels der Stadt Salzburg und des Großen Verdienstzeichens des Landes, überrascht und begeistert in seinem 91. Jahr mit einem weiteren literarischen Wurf“, fasste DrehPunktKultur voriges Jahr ein einzigartiges Künstlerleben zusammen.

Der große Roman Der Auftritt des linkshändigen Dichters Alexander Galajda ist 1995 im Otto Müller Verlag erschienen, landete 1996 auf der Bestenliste des SWF Baden-Baden und erschien 2005 in ungarischer Übersetzung im Europa-Verlag Budapest: „Eine kuriose Rückkehr in die Muttersprache.“ Beim Roman Königskinder steht auf der Website In Arbeit. Georg Maria Hofmann ist am 27. April mit 91 Jahren in Salzburg verstorben.

Bild: Stadt Salzburg / Migrationsarchiv
Zur dpk-Besprechung von Hofmanns letztem Roman Das Kind mit den sieben Namen
So rennt ein Hoffender nur
Das dramatische Werk im Sessler Verlag
sesslerverlag.at

 

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