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Die Geisha packt Geschenke aus

REST DER WELT / MAINZ / MADAMA BUTTERFLY

27/01/10 Katharina Wagner ver(w)irrt sich in Mainz bei Puccinis „Madama Butterfly“ auf geschmäcklerische Regieabwege. Die musikalische Qualität hilft der Produktion auch nicht auf: Dirigentin Catherine Rückwardt setzt vor allem auf den lauten Puccini.

Von Jörn Florian Fuchs

Ganz am Ende ziehen meist auch die letzten Tränen-Verweigerer doch noch ein Taschentuch hervor. Triumphal stürmt es ein letztes Mal im Orchestergraben, bevor die Geisha Cio-Cio San, genannt Butterfly, unsanft dahinscheidet. Verkauft, verlassen und verraten, bleibt ihr nun nur der finale Dolchstoß – das Weib stirbt, die Männer aber leben weiter und schnappen sich vermutlich rasch die Nächste… Auch am Mainzer Staatstheater gerät man gelegentlich in Versuchung, ein Taschentuch zu lüpfen – allerdings eher um sich damit die Ohren zu schützen, denn die scheidende Generalmusikdirektorin Catherine Rückwardt legt vor allem Wert auf Knalleffekte, Oberflächen-Pomp und Schmackes.

Das passt eigentlich so gar nicht zu Katharina Wagners zweiter Puccini-Unternehmung (nach „Il trittico“ in Berlin). Eher ruhig geht es auf der Bühne zu: Die Geisha verharrt meist in ihrem kleinen weißen Wohnkasten oder verkriecht sich in ein Zelt. Bisweilen spielt sie mit kleinen weißen Päckchen und baut damit allerlei Absperrungen und geometrische Figuren. Die Päckchen enthalten übrigens blaue Stifte, mit denen Butterfly gern Worte wie „Hope“, „Trust“ oder „Love“ an die Wand malt. Währenddessen irrt Pinkerton durch ein Labyrinth aus Zimmerchen, er knallt zwei halbnackte Jungs ab, spielt Flaschendrehen mit sich selbst, erschreckt sich wegen des aufflackernden, grünen Neonlichts oder delektiert sich an einem Paar von Plastikbeinen.

Am Anfang hatten er und sein Spezi Sharpless noch ordentlich Spaß, denn der Zuhälter Goro präsentierte ihnen einige ganz besondere Sexsubjekte. Die Auswahl schien grenzenlos: die Lack und Leder-Lady, eine Krankenschwester mit riesiger Spritze, Transvestiten und sogar ein kleines Kind standen zur Auswahl. Doch das verschleierte Asien-Hascherl hatte es Pinkerton am meisten angetan. Die beiden singen erstmal zusammen, danach verliert sich ihre Spur irgendwie, wie so manches an diesem Abend.

Vielleicht liegt’s an Goro, denn dieser maskierte, metrosexuelle Puck-Verschnitt stiftet viel Verwirrung. Er hat magische Fähigkeiten und beeinflusst immer wieder das Puccini-Personal mit einem bloßen Fingerschnipsen. Allerdings entzieht er damit dem Stück Grund und Boden, denn wer jetzt warum, wie und wozu handelt, bleibt völlig im Unklaren. Klar ist am Ende nur, dass Butterfly, statt zu sterben, ihren Schleier herunterreißt und reglos dasteht. Goro trat zuvor noch als amerikanische Mrs. Pinkerton auf und peinigte die Geisha, die anstelle ihres kleinen Sohnes ein rotes Päckchen zu beschützen versuchte, was ihr leider nicht gelang.

Sängerisch war der Abend auf mittlerem Niveau, Abbie Furmansky lieferte als Butterfly verlässlichen Schmerzens-Schmelz, Sergio Blazquez’ Pinkerton wirkte nicht nur vokal reichlich gequält, Alexander Kröner sang den Goro trotz aller szenischen Camouflage präzise und klar, Patricia Roach interpretierte Butterflys Dienerin Suzuki mit schönem warmen Timbre, Patrick Pobeschin blieb als Sharpless leider etwas zu unscharf.

Nächste Aufführungen: 30.1., 28.2. - www.staatstheater-mainz.com
Bild: www.staatstheater-mainz.com

 

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