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Dem Original auf der Spur

CD-KRITIK / GESUALDO CONSORT / SCHOONDERWOERD

18/12/18 Das Schicksal von Fragmenten ist, dass immer neue Versuche zur Vervollständigung unternommen werden. Mozarts Requiem KV 626 ist ein Paradebeispiel, dessen sich nun auch der Niederlänger Arthur Schoonderwoerd annahm - mit durchaus plausiblem Ergebnis.

Von Horst Reischenböck

Das Opus ultimum von Wolfgang Amadé Mozart hätte Ende des 18. Jahrhunderts durchaus eine Toten-Feier umrahmen können, auch ohne großes Orchester. Arthur Schoonderwoerd, Spezialist für Alte Musik, hat sich bei seiner von der Orgel aus geleiteten Verwirklichung des Requiems in der Èglise Notre-Dame de Besançon an jenen Möglichkeiten orientiert, die dem Auftraggeber Franz Graf von Walsegg-Stuppach zur Verfügung standen: Dieser hatte nur ein Streichquintett in Dienst. Daher ist das auf Originalinstrumenten musizierende Ensemble Cristofori in den Streichern solistisch besetzt und zeitigt mit den Bläserstimmen eine klanglich perfekte Mischung.

Schoonderwoerd stützte sich auf die Fassung, an der sich schon Franz Xaver Süßmayr, Joseph Leopold Eybler, der Salzburger Johann Jacob Freystädtler und Abbé Maximilian Stadler mit unterschiedlichem Erfolg versucht hatten. Er schrieb anstelle des simplen Süßmayr’schen Amen nach dem Lacrimosa eine eigene Doppelfuge auf Themen Mozarts. Diese ist jener am Ende des Kyrie ähnlich, allerdings ein wenig zu lang geraten. Am Ende fügte Schoonderwoerd ein im „Original“ nicht vorhandenes (möglicherweise von Mozart selbst auch gar nicht geplantes) Libera me ein.

Allerdings nicht jenes Libera me, das vom Salzburger Haydn-Schüler Sigismund Ritter von Neukomm für Rio de Janeiro geschrieben wurde, sondern die Ergänzung von Ignaz Ritter von Seyfried, weiland Dirigent an Emanuel Schikaneders Theater auf der Wieden. Somit befindet sich auf der CD der Niederländer eine Weltpremiere. Übrigens soll dieses Libera me auch beim Begräbnis Ludwig van Beethovens zur Aufführung gelangt sein. Seyfried benutzte Mozarts Tonart d-Moll und zitiert ihn darin auch.

Doch zurück in die Gegenwart und zu der aktuellen Aufnahme: Aus den 16 Sängerinnen und Sängern des von Bass Harry van der Kamp vorzüglich einstudierten Gesualdo Consort Amsterdam treten immer wieder ausgezeichnet die vokalen Solopartien hervor und vereinen sich zum ausgewogenen Quartett. Die insgesamt kleine Besetzung ermöglicht perfekte Durchhörbarkeit und Textverständlichkeit. Basis, um zusammen mit den Instrumenten flexibel animiert dramatisch ausgekostete Tempi anzusteuern. Zur Verdeutlichung der Liturgie steuert der Bass-Bariton Frédéric Tavernier-Vellas als Vorsänger in Gregorianischem Choral an den passenden Stellen des Ablaufs Lectio, Evangelium, Praefaction und Oration bei und entlässt die Gemeinde mit Requiescant in pace.

Wer meint, in Bezug auf Mozarts Requiem sei schon alles gesagt, dem bietet diese Interpretation eine absolut schlüssige, stimmige und hervorragende Anregung, sich erneut damit zu beschäftigen. Hörens- und Bedenkenswert!

W. A. Mozart: Missa da Requiem d-Moll KV 626. Gesualdo Consort Amsterdam / Cristofori, Ltg. Arthur Schoonderwoerd. ACCENT SCC 24338

 

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