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Hör ich Cymbalklänge?

CD-KRITIK / SALTERIO ITALIANO

02/11/18  Was für eine Idee, einen theologischen Traktat des Kirchenvaters Augustinus in Musik zu setzen. Und noch origineller: dafür als Instrumentalbegleitung neben üblichem Basso continuo als Melodieinstrument ein Salterio zu verwenden.

Von Reinhard Kriechbaum

Und schließlich: Nicht nur der Musiktheoretiker Padre Martini hat zu diesem Text gegriffen, sondern auch ein gewisser Girolamo Rossi, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Kapellmeister in Neapel wirkte. Er betitelt die vertonte Lehrschrift zwar knochentrocken mit „Lezione Quarta“, spitzt die Sache aber Satz für Satz zu einer Art geistlicher Miniaturoper zu, mit ziemlich ausufernden Emotionen – gleich dankbar und effektsicher für die Sängerin und die Salterio-Spielerin, die nicht in den Arien so manchen Dialog mit der Singstimme aufgreifen kann. Ein Mal darf sie sich sogar in ein Accompagnato-Rezitativ einbringen.

Der Salterio: Der Titel dieser Besprechung ist natürlich polemisch, denn mit dem resonanzreich-hohlen Sound des ungarischen Cymbalons und der Operettenarie aus Franz Léhars „Zigeunerliebe“ hat das italienische Instrument, das im 18. Jahrhundert in Adelskreisen sehr populär war, akustisch nichts gemein. Manchmal, so viel ist verbürgt, hat man damals die pro Ton dreifach gespannten Saiten mit leichten Schlägeln angeschlagen (eben wie heute beim Cymbal oder beim alpenländischen Hackbrett), aber genau so oft (wenn nicht öfter) wurde mit Finger-Plektren oder eben den bloßen Fingern gezupft.

Pizzicato oder battuto – das ist also eine der aufführungspraktischen Fragen. Franziska Fleischanderl, eine Neugierige und Rührige in der überschaubaren Salterio-Commuity, hat für diese Einspielung mit lauter völlig unbekannten Werken sogar italienische Schlägel originalgetreu nachbauen lassen. Angeblich die erste derartige Unternehmung überhaupt.

Toll, was geht auf dem Instrument: Nicht nur in den melodischen Auszierungen steht Franziska Fleischanderl mit ihrem Spiel anderen Melodieinstrumenten nicht nach, auch Triller und dergleichen bringt sie sparsam, aber wenn, dann höchst organisch an. Dass dieses Instrument in Italien gerade am Ende des Barock seine Blüte in Liebhaberkreisen erlebte, kann man auch gut nachfühlen: Die dynamischen Schattierungsmöglichkeiten kamen dem empfindsamen Zeitalter entgegen, und so durfte das Salterio auch in der frühklassischen Zeit noch eine kurze Zeitspanne weiterleben.

Um an originale Salterio-Musik zu kommen, braucht es auch Unternehmergeist (es ist damals wohl weniger komponiert als von anderen Instrumenten adaptiert worden). Eigentlich kennt man von den Komponisten, von denen Franziska Fleischanderl für diese CD die Musik zusammengetragen hat, ausschließlich Giovanni Battista Martini bekannt. Padre Fulgenzio Perotti war einer der Nachfolger von Antonio Vivaldi in Venedig (der fürs Ospedale della Pietà übrigens auch schon zwei Salteri hatte anschaffen lassen). Don Florido Ubaldi war Salterio-Virtuose in Rom, Vito Ugolino wirkte als solcher in Neapel. Sie alle schrieben Sonaten (mit Bassstimme) für ihr Instrument. Wenig hat sich erhalten, geschweige denn, dass solche Werke bisher neu editiert worden wären.

Salterio italiano. Romina Basso (Mezzosopran), Franziska Fleischanderl (Salterio, Leitung), Il dolce Conforto. Christophorus, CHR 77426 – www.jpc.de

 

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