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Gehört.Gesehen, echt

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

25/03/19 Filmemacher und und Festival-Jurys – das sind logischerweise Partner, die im Regelfall ideologisch ähnlich gepolt sind. Gute und richtige Entscheidungen im Sinne politischen Gegen-Denkes sind durchaus vorhersehbar. Aufhorchen ließ diesmal das Votum des Publikums.

Mit ihrer feinsinnigen Dokumentation Gehört.Gesehen über den Kultursender Ö1 hätten Jakob Brossmann und David Paede eine „überwältigende Mehrheit“ des Publikums angesprochen und zu entsprechender Punktevergabe motiviert, hieß es bei der Preisverleihung. Und das ist ein wirklich starkes Zeichen in Zeiten, da populistisch agierende Politiker zu gerne nach der Abschaffung von ORF-Gebühren rufen und von Menschen mit bescheidenem politischen Horizont entsprechenden Applaus einheimsen.

Würde der ORF nicht mehr auf dem gesunden Fundament der vorhersehbaren ORF-Gebühren stehen, sondern als quasi staatsfinanzierte Einrichtung direkt von den jeweiligen politischen Machthabern abhängig, hinge er permanent am Gängelband der Geldgeber. Ein Feilschen wäre die Folge, und das Budget allzuleicht an journalistisches „Wohlverhalten“ geknüpft. Damit ginge aber nicht nur Handlungsspielraum etwa bei politischer Berichterstattung verloren. Es dräute durch finanzielle Kürzung auch ein Kahlschlag bei Ö1, und da ginge es nicht bloß um die derzeit hohe Qualität und Unabhängigkeit der Journale.

Der in jeder Hinsicht anregende Dokumentarfilm Gehört.Gesehen ist deshalb so gelungen, weil er den Bildungsanspruch als Ganzes vermittelt, mit dem Sendungsmacher im Funkhaus in der Argentinierstraße derzeit (noch) ans Werk gehen dürfen. Er macht die Ansprüche sichtbar, die sie an sich selbst stellen, und lässt die Lauterkeit spüren, die in den Redaktionen dort herrscht. Was für eine Gegenwelt zu Fake News aller Art!

Es ist nur zu einleuchtend, dass ein solches Panoptikum kultureller, intellektueller und somit politischer Bewusstseinsbildung von Pupulisten jedwelchen Zuschnitts nicht so gern gesehen wird. Wie sagte doch Robert Menasse in einer Festrede zum fünfzigjährigen Bestehen von Ö1: Der Sender stehe für eine „permanente Revolution gegen Kulturlosigkeit und Dummheit.“ Im Dokumentarfilm sagt ein Ö1-Mensch: „Wir haben einen starken Bündnispartner, die Öffentlichkeit.“ Das Diagonale-Publikum hat den Appell wohl mehr als deutlich gespürt und deshalb nicht für einen der Spielfilme, nicht für eine der spektakulären Zeitgeist-Dokumentationen, sondern gerade für Gehört.Gesehen. Es wäre zu wünschen, dass der ORF diesen neunzigminütigen Film auch ins Fernseh-Hauptabendprogramm hievt und nicht bloß über die Doku-Schienen zu fortgeschrittener Stunde rollen lässt.

Zum Diagonale-Bericht über die Siegerfilme Von Damaskus in die Argentinierstraße

 

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