„Etliche“ statt achttausend
HINTERGRUND / STERNSINGER
28/12/12 Anschlag im Haus der DrehPunktKultur-Redaktion in Salzburg/Liefering: Die Sternsinger kommen wohl, aber zu besagtem Termin mögen die Interessenten bitte in den Hausflur kommen. Und keine Lieder! Da könnte man argwöhnen: Der Sternsinger-Segen hängt heuer ziemlich schief...
HINTERGRUND / STERNSINGER
28/12/12 Anschlag im Haus der DrehPunktKultur-Redaktion in Salzburg/Liefering: Die Sternsinger kommen wohl, aber zu besagtem Termin mögen die Interessenten bitte in den Hausflur kommen. Und keine Lieder! Da könnte man argwöhnen: Der Sternsinger-Segen hängt heuer ziemlich schief...
Von Reinhard Kriechbaum
„Der Sternsinger-Segen kommt auf jeden Fall“, titelt die Pressestelle der Erzdiözese optimistisch. In „normalen“ Jahren sind in Salzburg rund achttausend Kinder und Jugendliche mit ihren Begleitpersonen für die humanitäre Sache unterwegs. Die äußerst zurückhaltende offizielle Formulierung heuer: „Trotz Coronapandemie machen sich etliche Kinder, Jugendliche und Erwachsene in der Erzdiözese Salzburg auf den Weg...“
In einem gewöhnlichen Jahr luktriert die Katholische Jungschar mit der Sternsingeraktion sehr viel Geld für Entwicklungshilfeprojekte in der Dritten Welt. Allein in Salzburg waren es im Vorjahr 1.952.000 Euro. Die Sache könnte man aber auch von der musikpädagogischen Seite aus anschauen und sie ist auch dann für einen Superlativ gut: Es gehen im Bundesland also 10.000 Kinder und Jugendliche um und singen Dreikönigslieder. Kein anderer Anlass im Jahr, wo sich eine vergleichbare Anzahl von jungen Leuten singend hören lässt. Heuer geht also echt etwas verloren.
Immerhin, als Brauch haben die Sternsinger bessere Karten gegenüber ihren Kollegen im Fellzottel-Kostüm: Ähnlich dem Nikolaus – heuer ohne Krampus bitte! – wurden sie als unverzichtbares Ehrenamt eingestuft und werden nicht nur kirchenamtlich zu- und losgelassen, sondern sind auch staatslegistisch vom Ausgehverbot befreit.
Wer mit den Sternsingern, Magiern/Sterndeutern/Weisen/Königen aus dem Morgenland Kamele assoziiert, muss umdenken: Um den Babyelefanten wird man heuer, so man auf einen Live-Besuch setzt, nicht herumkommen. Immerhin: Mittelalterlicher Zuschreibung nach kamen die Könige ja aus allen Erdteilen (den damals bekannten, also nicht aus Amerika). Elefanten gibt’s in Asien und Afrika, zwei Babyelefanten zwischen drei Königen sind also stimmig. „Die Sternsinger halten Abstand und passen auf die Leute auf – umgekehrt geben die Besuchten auf die Kinder und ihre Begleitpersonen acht, indem sie diese vor den Türen treffen“, sagt Wolfgang Hammerschmid-Rücker, Geschäftsführer der Katholischen Jungschar Salzburg. Da auf das Singen verzichtet werden soll, tragen die Kinder und Jugendlichen heuer Sprüche vor. Das geht auch mit Mund-Nasen-Schutz. „Desinfektionsmittel ist stets dabei. Wenn die Spendenbox auf den Boden gestellt wird, ist kontaktloses Spenden möglich.“
Das mit dem Nicht-Singen nimmt die Katholische Jungschar übrigens selbst nicht ganz so genau. Man hat ein Imagefilmchen ins Netz gestellt, und da singen drei Kinder aus der Pfarre Wals sehr wohl. In der Geld-Sammel-Realität ist man ohnedies viel weniger live als virtuell und jedenfalls kontaktlos unterwegs. In einigen Pfarren werden „Sternsingersackerl“ mit einem Begleitbrief, Weihrauch, Teelicht, CMB-Aufkleber und Spendeneinladung verteilt. Vielerorts wird der Segen kontaktlos an die Haustüren geschrieben. Und schließlich ist das Sternsingen ja Sache junger Leute, und die sind Netz-affin: Skype, Youtube – der Sternsingerraum ist heuer ziemlich weit offen.
Österreichweit wurden im Vorjahr rund 18,4 Millionen Euro ersungen, weiß Wolfgang Hammerschmid-Rücker. Mit dem Geld unterstützt die Jungschar rund fünfhundert Hilfsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika – etwa für Projekte in Sachen Bildung, Soziales, Menschenrechte, Minderheiten- und Umweltschutz oder Seelsorge. Heuer also Indien als Zielland: „Unsere Projekte unterstützen Bauern- und Fischerfamilien dabei, ihre Nahrung zu sichern, langfristige Einkommensmöglichkeiten zu schaffen, die Gesundheit der Kinder zu stärken und ihnen Bildung zu ermöglichen.“