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Der Tanz der Tresterer

MONATSSCHLÖSSL / MATTHIAS TANZT

22/03/18 Die Tresterer und die volkskundliche Forschung: Das ist vermintes Gebiet. Manche Tresterer sind nämlich bis jetzt der Meinung, dass ihr Auftreten am Vorabend von Dreikönig etwas mit heidnischen Vorstellungen zu tun habe. Die Forschung weiß es längst besser.

Von Reinhard Kriechbaum

In Wirklichkeit sind die Pinzgauer Tresterer zu ihren prächtigen Brokatkostümen und zum weißen Federkopfputz mit den bunten Bändern gekommen, weil man im Frühbarock in Salzburg Faschingsfeste in oberitalienischen Städten nördlich der Alpen aufgenommen hat. Die Tresterer haben tatsächlich einst im Fasching getanzt. Die Entwicklung ganz salopp abgekürzt: Weil die Salzburger eher immer schon in den Keller lachen gegangen sind, ist dieser Faschingstanz dann nicht mehr verstanden worden von der Bevölkerung. Seither laufen die Tresterer hierzulande unter „Schönpercht“. Klingt viel edler als Harlekin.

Das Salzburg Museum besitzt ein Tresterer-Kostüm aus dem Jahr 1924. Auch das ist in der diesjährigen Sonderschau im Monatsschlössl zu sehen, die man vom Österreichischen Volkskundemuseum Wien übernommen hat. Die Landes-Volkskundlerin Ulrike Kammerhofer-Aggermann hat über Jahre Material zusammengetragen und sich um die Erforschung des Tresterer-Brauchs verdient gemacht. Manche Tresterer waren ob der neuen Erkenntnisse „not amused“.

Der zum Teil unbegleitete Reigentanz, den die Tresterer in Stuben und Gasthäusern um den 5. Jänner im Pinzgau aufführen, ist jedenfalls ein Musterbeispiel dafür, wie Bräuche sich im Lauf von Jahrzehnten und Jahrhunderten verändern und neu gedeutet werden.

„Matthias tanzt“ heißt die Ausstellung, weil der Salzburger Künstler Thomas Hörl sich mit dieser Tradition auseinandergesetzt hat. Er interpretiert Foto-, Film- und Tonaufzeichnungen, die zwischen 1898 und 1939 mit Matthias Eder aufgenommen wurden. Für ihn und mit ihm entsteht eine bühnenartige Installation, die den Tanz an neue soziale, zeitliche und kulturelle Orte transferiert. Dass das Trestern ursprünglich mit Fasching zu tun hatte, fällt dabei nicht unter den Tisch.

Die Sache mit dem Wandel des Brauchs und die nach wie vor gereizte Stimmung der Tresterer sind den Ausstellungsmacherinnen merklich unangenehm. Im Pressetext zur Ausstellung äußern sie sich diplomatisch: „Schriftliche Dokumente, Grafiken und Fotografien ermöglichen es den Besucherinnen und Besuchern, eigene Sichtweisen auf den Brauch zu entwickeln und zu reflektieren. Diese Ausstellung verortet das Tresterertanzen unterschiedlich: als kreatives Gestalten, als statisches Bewahren und identifikatorisches Bewerten sowie als Ort des Sezierens nach verschiedenen Aspekten.“

Wie man auch immer seziert: Der Tanz der Tresterer ist ein signifikanter Pinzgauer Brauch, unabhängig davon, ob man nun der Forschung mehr glaubt oder den alternativen Fakten.

Tresterergruppen gibt es in In Stuhlfelden (seit 1963), Zell am See (seit 1980), Bruck (seit 2004) und Saalfelden (seit 2017). Sie alle tragen den charakteristischen weißen Feder-Kopfputz mit Bändern. Die Unkener Tresterer schauen etwas anders aus, ihr Kopfschmuck erinnert an Tiroler „Huterer“ (ein Faschingsbrauch, der dort ausgestorben ist). In Unken gibt es nicht nur eine Trestergruppe (seit 1919), sondern auch Stelzentänzer (seit 1910) in gleicher Kostümierung. In der Stadt Salzburg wird der Tresterertanz seit 1911 vom Gebirgstrachtenverein „Alpinia Salzburg“ ausgeübt. Der Tanz der Tresterer steht seit einigen Jahren auf der österreichischen UNESCO-Liste des immateriellen Kulturguts.

Matthias tanzt – Salzburger Tresterer on stage. Bis 4. November im Monatsschlössl (Hellbrunn). Eröffnung ist am Samstag (24.3.) um 11 Uhr – www.salzburgmuseum.at
Bilder: Salzburg Museum (2); Filmstill Thomas Hörl

 

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