Dem Himmel sei Dank für kleine Mädchen
REST DER WELT / BAD ISCHL / GIGI
21/07/14 „Gigi“ von Alan Jay Lerner und Frederick Loewe ist die zweite Saison-Premiere heuer beim Lehár Festival. Es ist das Regie-Debüt von Michael Lakner, dem Vielseitigen, dem Erfolgsintendanten in Bad Ischl. Das Musical als amüsante musikalische Komödie dafür gab es Standing ovations.
Von Elisabeth Aumiller
Wieder ist Paris der Schauplatz auf der Ischler Bühne, wie schon eine Woche zuvor bei Lehárs „Graf von Luxemburg“. Für Honoré Lachailles , den älter gewordenen Lebemann, ist „Paris nur ein Vorort vom Maxim“. Mit seinem Neffen Gaston, der dem gleichen Lebenswandel huldigt wie sein Onkel, aber im Gegensatz zu diesem alles fad findet, fährt Lachailles in einem originalen Oldtimer vom Typ „Schacht Highwheeler“ aus dem Jahr 1908 durch Paris. Köstlich wie sich die beiden im Wagen über ihre diversen Eroberungen lustig machen, während die Hintergrund-Videoproduktion ein buntes Bilderbuch der bekanntesten Pariser Straßen, Parks und Sehenswürdigkeiten aufschlägt.
Die gesamte Kulissenlandschaft, die wechselnde Szenerie der Schauplätze vom Café im Bois de Boulogne bis zum Maxim, vom häuslichen Umfeld von Gigi und ihrer Großmutter Mamita zum luxuriösen Palast von Tante Alicia oder zum Strand von Trouville ist allein in bunten Videoprojektionen lebendig (Bühnenbild Katharina Sautner). Das ist effektvoll und vermittelt anschaulich das jeweilige Ambiente, ist aber moderat genug gehalten, um keine Unruhe aufkommen zu lassen.
„Dem Himmel sei Dank, dass er die kleinen Mädchen wachsen lässt“ schwärmt Kurt Schreibmayer, als Honoré ganz lässiger, charmant genießerischer und eleganter Bonvivant. Eine Glanzrolle für Schreibmayer, die er in jeder Geste, in jedem Satz und in jeder Gesangsnummer gekonnt und mit feinem Spielwitz serviert. Verena Barth-Jurca ist Gigi, umwerfend in ihrer vor Energie sprühenden naiv-heiteren „Noch-Kindlichkeit“ . „Ja, wo gehör' ich hin“ , fragt sie, wenn sie von Tante Alicia, die es durch ihre zahlreichen Liaisons mit reichen Männern zu großem Reichtum gebracht hat, Unterricht im entsprechenden Benehmen erhalten soll. „Die Natur versorgt dich nur mit Rohmaterial“, sagt Alicia, die Gigi den rechten Schliff zum Männerfang beibringen will. „Warum kann ich nicht bleiben, wie ich bin“ entgegnet Gigi, deren „Natürlichkeit, Unangepasstheit und Direktheit Eigenschaften sind, die einen Menschen zu allen Zeiten sexy machen“, befindet der Regisseur. Das Besondere an Gigi, „das unumstößliche, unerschütterliche Bekenntnis zur eigenen Identität“, ist für Lakner der Reiz, das Stück zu inszenieren, wie er sagt.
In Verena Barth-Jurca hat er eine Bilderbuch-Gigi, jung, frisch, anmutig mädchenhaft und gesanglich brillierend. Mit feinen Zwischentönen wandelt sie sich zur Kurtisane, die man aus ihr machen will, die sie aber nicht werden will und sich stattdessen selbst treu bleibt. Genau deshalb verliebt sich Gaston schließlich in sie. Benjamin Plautz ist als gelangweilter Playboy glaubhaft, gewinnt zunehmend an Elan und Intensität in der sich steigernden Verliebtheit , die ihn schließlich zur Entscheidung bringt, Gigi zu heiraten. Gesanglich überzeugt er auf ansprechendem Niveau.
Seine verflossene Geliebte Liane hat in Mandy Garbrecht eine elegante, tänzerisch ausdrucksvolle Erscheinung. Tante Alicia definiert sie als „Frau mit vielen Gaben, die meisten hat sie von Gaston“.
Komödie vom Feinsten steuern Helga Papouschek als Mamita und Marianne Nentwich als Tante Alicia bei. Da stimmt einfach alles, Gestik, Mimik, sprachlicher Ausdruck. Mit pointiertem Witz und erfahrener Schauspielkunst werden die Zuschauer erheitert und zum Lachen gebracht. Komödiantische Höhepunkte liefern die beiden, wenn sie um Gastons finanzielle Versorgung für Gigi pokern. Und auch den Erinnerungsdialog zwischen Mamita und Honoré, die sich früher mal „gut kannten“, machen Papouschek und Schreibmayer zur köstlichen Szene.
Michael Lakner erzählt die Geschichte anschaulich, er würzt mit feinem Humor. Er nimmt die Komödie ernst, nichts wirkt aufgesetzt oder übertrieben. Der Ablauf bleibt spannend, eine Freude zum Zuschauen und Zuhören. Leonard Prinsloo zeichnet für die Choreographie verantwortlich und bringt Schwung und ausgelassenes Treiben in die pfiffigen Tanznummern. Für schöne, zur Ausstattung passende Kostüme ist Michaela Mayer-Michnay zuständig. Und last but not least hat László Gyükér eine glückliche Hand am Pult des Franz Lehár-Orchesters, das mit feuriger Rhythmik und forscher Dynamik die Melodien aufheizt oder die Gesangsnummern sängerfreundlich unterstützt.