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Wichtige Autorenfilmer statt Star-Glitzer

VIENNALE 2024

30/10/24 Die 62. Viennale feierte gestern Dienstag (29.10.) ihren offiziellen Abschluss mit der Gala-Vorführung des bereits bei der Berlinale ausgezeichneten, politisch brisanten Films Dahomey von Mati Diop. Als bester österreichischer Film wurde The Village Next To Paradise, das Debüt des aus Somalia stammenden Regisseurs Mo Harawe prämiiert.

Von Andreas Öttl

Wie jedes Jahr bot die Viennale wieder viel Raum für ungewöhnliche Erfahrungen abseits des Kino-Alltags und deckte dabei das gesamte Spektrum des internationalen Kinos ab: Dies reichte heuer vom 18minütigen, noch am Sterbebett vollendeten Abschiedsgruß Scénarios von Regielegende Jean-Luc Godard bis zum 215 Minuten langen, überaus ambitionierten Epos The Brutalist des erst 36jährigen Brady Corbet, welcher im Gartenbaukino in einer brandneuen 70mm Kopie vorgeführt wurde.

Ein besonderes Highlight war auch die Österreich-Premiere des brillanten Essayfilms Henry Fonda for President von dem ehemaligen Viennale- und Filmmuseum-Direktor Alexander Horwath. Anhand der Filmografie des Schauspielers Henry Fonda deckt er auf sehr inspirierte Weise die zahlreichen Verflechtungen amerikanischer Geschichte mit der Popkultur auf, die nicht zuletzt Donald Trump vor acht Jahren den Weg ins weiße Haus geebnet haben. Dazu passte sehr gut die Retrospektive, die dem für sein politisches Kino bekannten US-Amerikaner Robert Kramer gewidmet war. Auch der etwas im Schatten ihres Ehemanns Max Reinhardt stehenden Schaupielerin Helene Thimig war eine Filmschau gewidmet.

Große internationale Stars suchte man hingegen vergebens auf der Viennale. Selbst Cate Blanchett, die im am Festival gezeigten kanadischen Film Rumours mitspielt, hatte bei ihrem Wien-Besuch während der Viennale andere Prioritäten. Sie besuchte „nur“ das ÖGNI Nachhaltigkeitssymposium und ließ die Viennale links liegen, was Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi gegenüber den Massenmedien etwas in Erklärungsnot brachte. Fakt ist, dass der österreichische Markt für die PR-Agenten der großen Namen zu unbedeutend ist, um dort ihren Schützlingen Auftritte zu vermitteln.

Die wahren Cineasten, darunter auch viele aus dem Ausland angereist, kümmert dies ohnehin nicht. Sie kommen wegen des reichhaltigen, in dieser Qualität im internationalen Festivalgeschehen selten zu findenden Filmprogramms. Ihre „Stars“ sind die Autorenfilmer, mit denen die Viennale langjährige Beziehungen pflegt. Heuer waren etwa Bruno Dumont, Albert Serra sowie der aus dem Iran geflüchtete Mohammad Rasulof persönlich in Wien anwesend, um ihre neuen Werke zu präsentieren. Dass die Viennale ein weltoffenes Festival ist, beweist auch der heurige Viennale-Trailer des Rumänen Radu Jude: die Tritsch-Tratsch-Polka von Johann Strauß wird dabei auf einem Tambal – einer Art Hackbrett – von einer rumänischen Folk-Musikerin zum Besten geben. Dass dieses Instrument vor allem mit der Roma-Minderheit in Verbindung gebracht wird, passt sehr gut zum politischen Bewusstsein, das bei der Viennale auch stets sehr präsent ist.

Mo Harawe wird anwesend sein bei der Salzburg-Premiere seines in Wien ausgezeichneten Films „ The Village Next To Paradise“ (5. November, 19.30 Uhr, Das Kino) - www.daskino.at
Bilder: Viennale

 

 

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