80 Jahre Nitsch
NITSCH MUSEUM MISTELBACH / HERMAN NITSCH LEBEN UND WERK
30/05/18 Ein ehemaliges Fabriksgelände, umgebaut in ein Museumsareal, beherbergt ein Leben… Die Jahresausstellung „Hermann Nitsch - Leben und Werk“ in Mistelbach beleuchtet den Lebensverlauf des Künstlers nicht nur auf künstlerischer, sondern erstmals auch auf persönlicher Ebene. Ziel ist es, die verschiedenen Werkblöcke zu präsentieren und sein Gesamtkunstwerk zu erforschen und zu dokumentieren.
Von Paula L. Trautmann
Das Jahr 2018 steht im Nitsch Museum in Mistelbach ganz im Zeichen des 80. Geburtstages von Hermann Nitsch, der mit einer besonderen Ausstellung gefeiert wird. Konzeptionell als biografischer Rundgang gestaltet, ergänzt durch einen von Hermann Nitsch gestalteten Werkfries, wird der Werdegang des Künstlers nachgezeichnet und mit Schlüsselwerken und Originaldokumenten erstmals umfassend gezeigt.
Die Ausstellung konzentriert sich auf Nitschs künstlerisches Schaffen der letzten 65 Jahre und auf persönliche Ereignisse, die besonderen Einfluss auf seine Entwicklung hatten. Leben und Werk gingen und gehen bei dem Universalkünstler Hermann Nitsch stets nahtlos ineinander über. Dieser Zusammenhang wird vermittelt und ermöglicht somit ein tiefgreifendes Verständnis für die Ideen und die künstlerischen Ansätze von Nitsch. Der 130 Meter lange biografische Rundgang, mit bedeutenden Werken und Originaldokumenten, skizziert die wichtigsten Phasen im Leben des Künstlers.
Eines der Highlights der Ausstellung ist „Opus I“. Es zählt zu den frühen Schüttbildern von Nitsch und ist erstmals im Nitsch Museum zu sehen. Ein weiterer Höhepunkt ist die großformatige Collage „Golden Love“, die nur selten öffentlich gezeigt wird. Originaldokumente, Zeitungsausschnitte und Filme illustrieren die wichtigsten Lebensstationen: die Jugendjahre und Ausbildungszeit von Nitsch, die Anfänge seiner künstlerischen Arbeit, Skandale rund um seine Kunst, das Sechs-Tages-Spiel oder auch den Erwerb und den Ausbau seines Lebensmittelpunktes, des Schlosses Prinzendorf im Weinviertel.
„Meine Arbeit soll eine Schule des Lebens, der Wahrnehmung und der Empfindung sein und mit allen fünf Sinnen erfahren werden“, erklärt Nitsch. Ein wesentliches Ziel der Ausstellung ist es, die Gäste an die interdisziplinären Zusammenhänge und Beeinflussungen im Gesamtwerk des Künstlers aus Theater, Performance, Aktionismus, Malerei, Musik und Literatur heranzuführen – an das Orgien Mysterien Theater.
Alle Bestrebungen des Künstlers sammeln sich beim Orgien Mysterien Theater in exakt komponierten, komplexen Inszenierungen, die alle Sinne der Teilnehmer beanspruchen. Als Auferstehungsfest und Katharsis-Erlebnis von Nitsch konzipiert, soll durch das Überschreiten von Grenzen das Sein in seiner Ganzheit und Tiefe erfasst werden.
Geboren 1938 zu Kriegsbeginn, aufgewachsen in der Nachkriegszeit und anschließend mehrfach aufgrund seiner künstlerischen Tätigkeit verurteilt, ist Nitsch heute Staatspreisträger und gefeierter Weltstar. Im Laufe seines Schaffens hat er mehr als 140 Aktionen, über siebzis Malaktionen und mehr als sechzig Konzerte aufgeführt.
Nitsch ist einer der bekanntesten Vertreter und Mitbegründer des Wiener Aktionismus und zählt zu den vielseitigsten zeitgenössischen Künstlern weltweit. Seine Aktionen mit nackten Körpern, Blut und Tiergedärmen lösten immer wieder heftige Proteste aus. Hatte der Künstler vorerst noch rote Farbe über große Leinwände laufen lassen („Schüttbilder“), so ersetzte er diese nach und nach durch Blut. Immer wieder betont Hermann Nitsch, dass „Rot die intensivste Farbe ist, weil sie das Leben und den Todes gleichzeitig symbolisiert“. Die Sensibilisierung aller Sinne stand und steht bei Hermann Nitsch stets im Mittelpunkt seines Schaffens.
Hermann Nitsch - Leben und Werk bis 5. Mai 2019 im Nischt Museum Mistelbach – www.nitschmuseum.at
Bilder: Heinz Cibulka; Daniele Benassi/Atelier Hermann Nitsch; Atelier Hermann Nitsch (2)