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Ein verräterisches Loch im Bild

HINTERGRUND / KUNSTFUND GURLITT / RESTITUTION

10/01/19 Beim Namen Gurlitt schrillen alle Alarmglocken – schließlich war Hildebrand Gurlitt (1895–1956) in der NS-Zeit höchst umtriebig auch beim „Handeln“ mit Kunst jüdischer Provenienz. Da sein Sohn Cornelius Gurlitt (1932–2014) auch ein Haus in Salzburg/Aigen besessen und hier von seinem Vater ererbte Kunstwerke deponiert hatte, kam auch Salzburg mit dieser als problematisch eingestuften Kunstsammlung in Verbindung.

Von Reinhard Kriechbaum

Viel Arbeit für die Experten im Kunstmuseum Bern, dem Cornelius Gurlitts Sammlung überantwortet wurde und wo man nun emsig Restitutionsforschung betreibt. Der Bestand ist hoch. In Cornelius Gurlitts Wohnung in Schwabing bei München wurden schon 2012 1280 Kunstwerke beschlagnahmt, in seinem Salzburger Haus fanden sich weitere 238 Werke, darunter Arbeiten von Monet, Manet, Renoir und Picasso.

Ein Teil der Werke des Kunstfunds Gurlitt galt seit 1945 als verschollen. Andere waren in der kunstgeschichtlichen Forschung unbekannt, darunter eine Arbeit von Marc Chagall. Bei 499 der über 1500 Werke bestand zunächst der Verdacht, dass es sich um NS-Raubkunst handeln könnte. Dies wurde bislang jedoch nur in fünf Fällen nachgewiesen.

Nicht in Salzburg, sondern in Schwabing fand sich jenes Gemälde, das dieser Tage an die Familie des ursprünglichen Eigentümers Georges Mandel restituiert wurde: Portrait de jeune femme assise von Thomas Couture (1805-1879). Das Team des Projekts „Provenienzrecherche Gurlitt“ beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste hatte das Werk im Oktober 2017 als NS-Raubkunst identifiziert. Ein winziges, repariertes Loch in dem Gemälde, das für das Porträt aus dem Besitz Mandels dokumentiert ist, führte die Provenienzforscher auf die Spur des früheren Eigentümers.

Die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters bei der Übergabe des Gemäldes: „Es ist der Familie Georges Mandels zu verdanken, dass dieses Werk an allen drei Ausstellungsstandorten in Bonn, Bern und Berlin gezeigt werden konnte. Dadurch war es möglich, das Schicksal des jüdischen Politikers Georges Mandel, der von den Nazis verfolgt und interniert wurde, einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Auch dieser Fall mahnt uns, nie nachzulassen in der rückhaltlosen Aufarbeitung des NS-Kunstraubs, für den Deutschland Verantwortung trägt.“

Und Marcel Brülhart, Vertreter des Kantons Bern beim Kunstmuseum der Stadt: „Das Kunstmuseum Bern hatte sich nach reiflicher Überlegung für die Annahme der Erbschaft Cornelius Gurlitt entschieden, um einen Beitrag für die Aufarbeitung des NS-Kunstraubs und zur Milderung geschehenen Unrechts zu leisten. Entsprechend freuen wir uns über jede Rückgabe eines Werkes an die berechtigen Erben im Nachgang zu den aufwändigen Forschungsarbeiten. Entscheidend ist am Ende aber nicht die Menge der Restitutionen, sondern das ehrliche und engagierte Bemühen um die Klärung der Herkunft sämtlicher Werke des Kunstfundes Gurlitt.“

Dem Kunstmuseum Bern wurden übrigens nicht nur Kunstwerke übereignet. Auch das Häuschen von Cornelius Gurlitt in Aigen kam in den Besitz des Museums. Es wurde unterdessen vom Museum verkauft.

www.kunstmuseumbern.ch
Bild: Kunstmuseum Bern / Mick Vincenz

 

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