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Wieviel Text ist erlaubt?

BOLOGNA / KINDER- UND JUGENDBUCHMESSE

18/04/18 Es gibt Kinder- und Jugendbuchverleger, die konzentrieren ihr Programm auf die Drei- bis Sechsjährigen. Danach sind die Kinder für das gedruckte Buch verloren und wenden sich den elektronischen Medien zu. Stimmt das?

Von Werner Thuswaldner

Die Bücher für die Kleinen sind Pappbilderbücher (Board Books), mit denen nicht bloß das Umblättern eingeübt werden kann, nein, sie sind vielmehr ein Mittelding zwischen Buch und Spielzeug. Die Seiten bieten kleine Überraschungen, wenn ein Teil aufgeklappt wird oder etwa ein Spiegel den Bildeindruck verwandelt. Kreative Graphiker haben in den vergangenen Jahren eine Fülle von Möglichkeiten entwickelt.

Ein Großteil der Verlage hat aber noch nicht resigniert. Viele Verleger sind nach wie vor der Meinung, dass ältere Kinder nur dadurch bei der Stange gehalten werden können, wenn der Bildanteil eines Buchs möglichst hoch ist und nur kleine Textpassagen eingestreut werden. „Zu textlastig“, lautet häufig der Satz, mit dem Buchprojekte abgeschmettert werden. Die abnehmende Lesefähigkeit müsse berücksichtigt werden, heißt es.

Dieses Jahr feiert „Harry Potter“ das Zwanzig--Jahre-Jubiläum. Die Reihe der Romane von Joanne K. Rowling und die Welle der Bücher ähnlichen Umfangs hatten trotz erwiesener „Textlastigkeit“ den denkbar größten Erfolg und zeigten, was jungen Lesern „zugemutet“ werden kann. Es stimmt nicht, dass junge Leute nicht mehr umblättern wollen, sondern viel lieber über ein Tablet wischen.

Nebenbei sei bemerkt, dass die von vielen erwartete Ablöse des gedruckten Buchs durch das „E-book“ nicht eingetreten ist. Das „E-book“ stagniert, die Prognosen waren schlichtweg falsch.

Wodurch das Freizeitkonto der Kinder und Jugendlichen in steigendem Maß belastet wird, das ist vor allem „Netflix“. Filme und Serien verbuchen sagenhafte Erfolge. Inzwischen haben 125 Millionen Haushalte weltweit den Online-Filmdienst abonniert.

Rund 28.000 Fachbesucher kamen in der letzten März-Woche zur Internationalen Kinder- und Jugendbuchmesse nach Bologna. Eine Illustratoren-Ausstellung zeigte, wie viel graphische Qualität unterwegs ist. Vor den Ständen mancher Verlage, die Mappen von Künstlern und Künstlerinnen begutachten, bilden sich eindrucksvolle Schlangen. Die hoffnungsvollen Bewerber – viele sind Absolventen namhafter Akademien – nehmen stundenlanges Anstellen in Kauf, um am Ende in einem höchstens zehnminütigen Gespräch zu erfahren, dass sie den Erwartungen bei weitem nicht entsprechen. Ganz selten kommt es vor, dass aus dem Inhalt diverser Massen letztlich ein Buch entsteht. Um da entwürdigendes Anstellen zu verkürzen, denken Verleger daran, Nummern wie beim Finanzamt auszugeben.

Österreichs Anteil an der Messe ist bescheiden. Gerade sechs Verlage finden sich auf dem Stand, den die Wirtschaftskammer eingerichtet hat. Deutschland war mit 58, die Schweiz mit 17 Verlagen vertreten.

China war als Gastland in Bologna und hat rund hundert Verlage geschickt. Gerade von Vertretern aus China wurden auf der Messe viele Lizenzen verkauft. Der potenzielle Markt in China ist mit etwa 220 Millionen Kindern unter 14 Jahren viermal so groß wie der nordamerikanische Markt. Und dieser Markt wächst, wie es heißt, jährlich um elf Prozent. Kommendes Jahr wird die Schweiz Gastland sein. Dann wird der Neubau einer riesigen Halle – Peter Haselsteiners STRABAG führt den Auftrag aus – fertig sein und die Messe einen Kapazitätszuwachs verzeichnen.

Noch ein Nachsatz: Bilderbücher sind prägend für die Ausbildung ästhetischer Vorstellungen. Leider muss festgestellt werden, dass viele Verlage vor purem Kitsch nicht zurückschrecken. Einer groben Schätzung nach dürfte ihr Anteil bei 70 Prozent liegen. Da sind manchmal Schläge in die Magengrube dabei. Doch richten einen positive Beispiele immer wieder auf.

www.bolognachildrensbookfair.com

 

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