Einheit im Disparaten
MOZARTEUMORCHESTER / THOMAS DAUSGAARD
22/03/13 Arnold Schönberg, Johannes Brahms und – durch dessen Brille betrachtet – Franz Schubert: Das fünfte Donnerstagskonzert im Zyklus des Mozarteumorchesters hielt Musik von gerade einer Stunde Spieldauer bereit, sehr ökonomisch. Thomas Dausgaard dirigierte, Dietrich Henschel (Bariton) war der Solist.
Von Horst Reischenböck
Auf den ersten Blick mochte die Zusammenstellung merkwürdig anmuten, bei genauerer Betrachtung entschlüsselte sie sich als absolut sinnvoll. Zu Beginn Schönbergs zwei Jahre nach Brahms’ Tod entstandenes Streichsextett op. 4 „Verklärte Nacht“. Gustav Mahler hatte die Uraufführung initiiert. Am Donnerstag (21.3.) hörte man das Werk in Schönbergs überarbeiteter Orchesterversion von 1943. Hat sich der Schöpfers der Zwölftonkompositionsmethode damals auf seine Anfänge besonnen? Wohl nicht ganz, wie Jahre später im Exil sagte, aber: „Immer war in mir der Wunsch lebendig, zu dem früheren Stil zurückzukehren; und von Zeit zu Zeit gebe ich diesem Verlangen nach.“ Möglicherweise wollte er mit der Überarbeitung auch dem Verlust künftiger Tantiemen begegnen (Igor Strawinsky hielt es ähnlich).
Ein formidables Exerzierfeld für die exzellente Streichergruppe des Mozarteumorchesters, überzeugend auch in den kammermusikalisch besetzten Episoden mit Markus Tomasi am Konzertmeisterpult. Da brauchte es eigentlich gar nicht der Kenntnis des innewohnenden Programms. Der dänische Gast am Dirigentenpult, Thomas Dausgaard, ließ die Klangeffekte einfühlsam und detailreich auskosten.
Mit Brahms setzte sich Schönberg intensiv auseinander, und Brahms wiederum instrumentierte Lieder von Schubert, was übrigens auch Hector Berlioz, Bejamin Britten, Franz Liszt, Jacques Offenbach, Max Reger oder Anton Webern taten. Für den Dietrich Henschel war ideales Material, in dem er wortdeutlich formulierend seinen wohlklingend ausdrucksstarken Bariton verströmen zu lassen konnte.
Die Liedbearbeitungen waren zu einem ungewöhnlichen Pasticcio vereinigt mit neun Liebesliederwalzer“ in des Komponisten auf reinen Orchesterklang hin gestalteter Bearbeitungen. Kein Wunder, dass Brahms bedauerte, nicht den Anfang von Strauß’ „Donauwalzer“ geschrieben zu haben! Schließlich drei Ungarische Tänzen, transparent bis saftig, furios und temperamentvoll beflügelt durch den Dirigenten.