Zwei mal vier
MOZARTEUMORCHESTER / PAUL DANIEL
21/12/12 Auf der Titelseite des Programmhefts prangte noch das Konterfei von Ivor Bolton, der ist nach Drucktermin erkrankt. Paul Daniel sprang am Donnerstag (20.12.) für den erkrankten Orchesterchef ein und gestaltete mit demselben Programm einen fulminanten, begeisternden Abend.
Von Horst Reischenböck
Zum zweiten Mal in diesem Konzertjahr kamen Noten von Jonathan Dove zu Gehör. „An Airmail Letter from Mozart“ hat der gebürtige Londoner empfangen, sein Werk bezieht sich thematisch auf die Zweite Lodron’sche Nachtmusik KV 287.
Zu der durchaus auch solistisch auszuführenden Besetzung mit Streichquartett plus Kontrabass und Hörnerpaar fügte Dove 1993 noch ein Hammerklavier hinzu. Leider wurde der namentlich nicht erwähnte Ashok Gupta an den Tasten von den restlichen sieben Mitstreitern (angeführt von Konzertmeister Markus Tomasi) klanglich oft total zugedeckt. Der Komponsit sah für die diese Viertelstunde ja eigentlich Originalinstrumente vor, die eine ausgewogenere Balance untereinander ermöglicht hätten. Die kamen aber schon bei der Uraufführung nicht zum Einsatz und auch diesmal nicht.
Zwei „Vierte“ in Folge. Jene von Beethoven (B-Dur, op. 60) ist zeitgleich mit der populären Fünften entstanden und völlig zu Unrecht lange Zeit als in deren Schatten stehend betrachtet worden. Nicht zuletzt durch Paul Daniels plastische Zeichengebung wurde das Werk ins rechte Rampenlicht gerückt, schon eingangs in der spannungsvoll aufgeladenen Einleitung, die zielstrebig im einmal wirklich „lebhaft“ genommenen Allegro explodierte. Fein abgestimmt strömten dann nachfolgend zwischen Streichern und Holzbläsern die Kantilenen. Das noch nicht als solches bezeichnete, von Beethoven erstmals fünfteilig angelegte Scherzo leitete dann ins genauso furios genommene Finale über.
Genau so, ohne geringsten Anflug von gerne darin gesehen altersweiser Lethargie, wurde nach der Pause dann die zweite „Vierte“ angepackt: das im steirischen Mürzzuschlag „wo die Kirschen sauer bleiben“, entstandene e-Moll-Opus 98 von Johannes Brahms. Schon der Kopfsatz voll gebündelter Energie, die im Anschluss daran Hornrufe in Nachdenklichkeit überführten. Hinreißend der Elan, mit der Daniel dann das Orchester vorwärtsdrängend in Brahms’ seltenen Abstecher Richtung grimmigen Humors trieb und die Variationen zur geringfügig von Johann Sebastian Bachs Basslinie abgeänderten Vorlage auftürmte. In deren Mitte durfte sich Bernhard Krabatsch auf der Flöte kurz einhaltend verströmen.
Dem Dirigenten Paul Daniel wurden danach zu Recht Blumen gestreut, er und das ganze Orchester lebhaft bedankt.