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Blumen für alle

GROSSER SAAL / MOZARTEUMORCHESTER

21/09/12 Die Musiker und Instrumente sind wohlbehalten angekommen, die Fräcke sind auf dem Heimweg von der – äußerst erfolgreichen – China-Tournee auf der Strecke geblieben: Chefdirigent Ivor Bolton entschuldigte sich dafür, dass man das Konzert zur Saisoneröffnung im schwarzen Anzug spiele. Es war dennoch ein glanzvoller Auftakt.

Von Heidemarie Klabacher

Die Bläser standen im Mittelpunkt – ohne sich dorthin vorgedrängt zu haben: Ivor Bolton interpretierte die zweite Symphonie von Johannes Brahms - mit Rücksicht auf den doch eher kleinen Großen Saal erstens sehr kammermusikalisch und zweitens sehr bläser-orientiert: Selten hörte man die unendlich vielen und vielgestaltigen Kantilenen von Flöten, Oboen oder Fagotten so delikat herausgearbeitet auf so zurückhaltend musiziertem und doch klangvollem Streichergrund.

Wieso die „Zweite“ Brahms in den Ruf kam, „lauter blauer Himmel, Quellenrieseln Sonnenschein und grüner Schatten“ zu sein, konnte man sich nach dieser Interpretation noch weniger als sonst erklären. Ivor Bolton schien große Geste und Emphase mehr andeuten, denn ausholen und sich austoben zu lassen. Dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel schießen – sprich Frühlingsrauschen und Gefühlsaufruhr nicht überborden – sorgte Brahms eigentlich selber. Dazu schien Ivor Bolton mit seinem überaus kontrollierten Zugang die Kontraste zwischen den rasch wechselnden Passagen von Licht und Schatten zusätzlich ein wenig angeschliffen und so dem Werk einen stärkeren Anstrich von Nachdenklichkeit verpasst zu haben, als man gewohnt ist.

Da nun alles, was man als ständiger Konzertgänger „nicht gewohnt“ ist, die Aufmerksamkeit besonders schärft, lauschte man dieser Wiedergabe mit besonderem Interesse.

Eröffnet wurde das erste „Donnerstagskonzert“ (20.9.) des Mozarteumorchesters gemeinsam mit Benjamin Schmid und dem Violinkonzert Nr. 8 a-Moll op. 47 von Louis Spohr. Dieses Konzert ist kein draufgängerisches Virtuosenstück zum extrovertierten Brillieren für den Solisten – sondern ein gesanglich und rezitativisch angelegtes Werk für einen Künstler, der bereit ist, mit seinem Orchester in Dialog zu treten. Das „Virtuose“ versteckt sich hier eher in kleinen und kleinsten Figuren und Verzierungen, die Benjamin Schmid brillant und delikat einzustreuen wusste. Auch er gebot dem Aufschwung der Gefühle in der Kantilene immer wieder subtilen Einhalt – mit fein abgeschatteten Wendungen zurück nach Innen. Das war besonders aufregend im dritten Satz, in dem die von federndem Pizzicato begleitete Melodie einmal tänzerisch heiter, dann bocksbeinig störrisch daherkommt. Die angdeutete Fugenexposition changierte zwischen feierlichem Ernst und schelmischer Ironie.

Ebenso zu genauem Zuhörern verführte eine - mit Entstehungsjahr 2003 wohl „zeitgenössisch“ zu nennende, tatsächlich aber ungeniert „romantische“ - Komposition von einem Studienkollegen Ivor Boltons aus Cambridge-Zeiten. Jonathan Dove schildert in seinem Stück „The Middleham Jewel“ die Ausstrahlung und Wirkung eines goldenen Amulettes aus dem 15. Jahrhundert mit schillernden Instrumentalfarben und Zitaten aus der frühen Kirchenmusikgeschichte: ein reizvolles klangsinnliches Stück, abwechselnd Energie geladen vorwärts strebend und sanft wiegend, voller effektvoller Solobläser- und spannender Theorben-Passagen. Das Ensemble des Mozarteumorchesters, bereichert um Cembalo und Theorbe, erntete Jubel für dieses Pretiose.

Bild: MOS


 

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