Eine schöne Bestätigung
CD-KRITIK / MIRGA GRAŽINYT?-TYLA
17/08/13 Nach dem ersten Mal sprang das sonst so aktive Dokumente-Label ORFEO ab. Seither präsentieren die Salzburger Festspiele Preisträger ihres Young Conductors Award in Eigenregie. Die neueste CD gilt der im Vorjahr erfolgreichen Litauerin Mirga Gražinyt?-Tyla.
Von Horst Reischenböck
Bei den ersten beiden Siegern des Young Conductors’ Award – dem Deutschen David Afkham und dem aus Lettland stammenden Ain?rs Rubikis – hat man die sommerlichen Festspielauftritte mit dem Gustav Mahler Orchester dokumentiert. Im Fall von Mirga Gražinyt?-Tyla fiel die Wahl auf ihr Konzert bei der Endentscheidung, am 29. April 2012 in der Felsenreitschule. Sie stand damals am Pult der Camerata Salzburg. Der ausgezeichnet klingende Live-Mitschnitt des ORF konnte, ob der Dauer der gespielten Werke, allerdings nicht zur Gänze auf die eine CD gebannt werden. Das Wiederhören lohnt sich absolut und bestätigt eindeutig die damalige Entscheidung der Jury.
Man darf ruhig hoch greifen im Vergleich: Leonard Bernsteins hat seine Serenade after Plato’s „Symposium“ mit dem Israel Philharmonic Orchestra und Weltklasse-Solist Gidon Kremer eingespielt, letzterer, wie von ihm gewohnt, seinen Part introvertiert, fast zerbrechlich angestimmt und weitergeführt. Demgegenüber war der Chinese Dan Zhu in dieser Aufnahme eine Spur „sinnlicher“, und das steht seinem erzählend gedachten Part innerhalb der fünf Sätze durchaus an. Was aber speziell für sich einnimmt, ist einerseits die kammermusikalisch zahlenmäßig geringere Besetzung der Camerata, die dadurch, schlank, weitaus durchsichtigere Töne beizusteuern vermag. Vor allem aber auch die erkennbar sowohl engagiert wie präzise Ausformung durch die Dirigentin. Mirga Gražinyt?-Tyla hat sich durchwegs auch mehr Zeit gelassen.
Ein Schmuckstück iat Mozarts Jupiter-Sinfonie KV 551: Sehr bewusst werden alle Wiederholungen – auch im Finale – ausgespielt, womit man den außerordentlichen Rang dieses Werks betont. Es war bis Beethovens „Eroica“ mit fast 40 Minuten Spieldauer der mit Abstand innerhalb der Klassik ausgedehnteste Beitrag zum Genre.
Alle Beteiligten liefern damit eine als Reverenzaufnahme zu wertende Interpretation. Auch und nicht zuletzt, weil die Dirigentin ihre Deutung vom ersten Auftakt, dem anklingenden Kontrast des männlich-weiblichen Dualismus, erneut logisch, plastisch, ohne Hektik angeht. Besonders das zurückhaltend genommene Menuett nimmt in seiner Zartheit für sich ein. So kann auch das Orchester in allen Facetten brillieren, Binnenstimmen kommen zum Tragen und verdichten sich dann letztendlich strahlend in der Bekrönung des abschließenden Fugatos: ein Genuss!
Leonard Bernstein: Serenade. W. A. Mozart: Jupiter-Sinfonie. Dan Zhu, Violine, Camerata Salzburg, Mirga Gražinyt?-Tyla. Salzburger Festspiele CD SF 021
Bilder: SFS / Tomas Kapocius