Was ist Wahrheit?
RAURISER LITERATURTAGE 2012
07/02/12 „So eine Dichte kleiner Bibliotheken auf Bauernhöfen werden Sie sonst nirgends finden.“ Brita Steinwendtner sprach noch einmal vom literarisch-gesellschaftspolitischen Projekt „Rauriser Literaturtage“ und präsentierte das Programm des letzten von ihr verantworteten Festivals. Motto von 21. bis 25. März: „Die Erfindung der Wahrheit“.
Von Heidemarie Klabacher
Gibt es heute noch „ewige“ Wahrheiten? Können wir uns auf unsere Wahrheiten verlassen? Ändern sich Wahrheiten zwischen den Kulturen oder gar im eigenen Lebenslauf? „Nur eine kleine Auswahl“ aus der Literatur zu diesem Thema habe sie treffen können, sagte Brita Steinwendtner bei der Programmpräsentation im ORF-Landesstudio Salzburg „traditionell“ auf kleinstem Raum im Betriebsbuffet: Dieses wirkte heute Dienstag (7.2.) noch voller als sonst zu diesem Anlass, war es doch die letzte Pressekonferenz von Brita Steinwendtner als Intendantin der „Rauriser Literaturtage“.
Rauriser Literaturpreisträgerin 2012 ist Maja Haderlap. Sie erhält den mit 8000 Euro dotierten Preis für ihr Romandebüt „Engel des Vergessens“. Der Rauriser Literaturpreis wird vom Land Salzburg vergeben. Den Rauriser Förderungspreis 2012, dotiert mit 4000 Euro, erhält Elke Lazina für ihre „Rede an mich selbst“. Der Förderungspreis wird von Land Salzburg und Gemeinde Rauris vergeben.
Rauris 2012 von rückwärts gelesen: Am Montag, den 26. März - da ist offizielle Festival also vorbei - findet sich noch ein Programmpunkt: „Rauris extrem - Sonnblick-Lesung mit Bodo Hell und Peter Gruber“ heißt es lapidar im Folder. Stattfinden wird diese Lesung im Sonnblick-Obervatorium. Die Schützhütte Zittelhaus wird eigens geöffnet. „Die Bergrettung ist auch dabei“, beruhigte der Rauriser Bürgermeister. Außer Literaturinteresse solle man in diesem Fall tatschlich gute Bergerfahrung mitbringen, betonte auch Brita Steinwendtner, selber eine begeisterte Tourengeherin. Falls das Wetter nicht mitspielt gibt es eine friedliche Wanderung weiter unten im Tal.
Die drei Hauptabende - Donnerstag, Freitag und Samstag - werden von „drei pronouncierten Denkern“ eingeleitet und begleitet: „Der Literaturwissenschaftler Manfred Mittermayer, einer meiner beiden Nachfolger, der Theologe Clemens Sedmak und der Philosoph Heinrich Schmidinger werden über das Thema aus der Sicht ihrer Fachbereiche nachdenken“, so Brita Steinwendtner. Abgeschlossen würde jeder Abend mit einem Lyrikprogramm.
Karl-Markus Gauss, der einen „neuen Gauss“ nach Rauris mitbringen wird, Monika Helfer, Peter Stamm und die ladinisch schreibende Autorin und Bäuerin Roberta Dapunt sind die Autoren Donnerstag abends. Die „Rauris Mitternacht“ bestreiten die Verlegerin und Lyrikerin Daniela Seel, Gerhard Ruiss, der die Gedichte Oswald von Wolkensteins in heutiges Deutsch übertragen hat, und Studierende der Uni Klagenfurt, die dem verstorbenen Gert Jonke Referenz erweisen.
Am Freitag sind Sibylle Lewitscharoff, Patrick Roth, der in Zagreb geborene und in Berlin lebende Autor Nicol Ljubic und Nora Gomringer zu Gast. Das „Gespräch über Kindheit“ am Samstag der Rauriser Literaturtage führen Sibylle Lewitscharoff, Jury Andruchówytsch und der in Ptuj in Slowenien geborene Autor Ales Steger. Andruchówytsch, der in Rauris seine Gedichte erstmals auch singen wird, und Steger haben am Samstag auch eigene Lesungen.
Ein kleiner „Auswärts“-Schwerpunkt: China stehe in Politik und Wirtschaft derzeit so im Mittelpunkt, dass sie es für dringend nötig gehalten habe, auch einmal einen Gast aus China nach Rauris zu holen, sagte Brita Steinwendtner: Kommen wird Wang Jiaxin, ein namhafter Literaturwissenschaftler und kritischer Geist, „der dennoch von seiner eigenen Regierung schon Preise erhalten hat“. Von ihm ist in der Edition Thanhäuser ein Lyrikband erschienen. Wolfgang Kubin ist einer der renommiertesten Vermittler zwischen westlicher und chinesischer Kultur und Literatur. Zudem ist der China-Experte ein viel zu wenig gewürdigter Lyriker.
Christoph Ransmayr wird wieder nach Rauris kommen. Er wird aus seinen frühen Essays „Wege nach Surabaya“ und aus seinem noch unveröffentlichten neuen Roman „Atlas eines ängstlichen Menschen“ lesen.
Die Studentischen Arbeitskreise, bei denen Studierende aus Salzburg, Wien und Klagenfurt mit den Autorinnen und Autoren ins Gespräch kommen, finden an den Vormittagen statt. Das Rauriser Schulprojekt wird heuer bereits am Donnerstag vor Beginn des Lesungsreigens präsentiert, am Sonntagvormittag wird die Film-Dokumentation „40 Jahre Rauriser Literaturtage“. Buch und Regie: Brita Steinwendter.