Fragment, Vollendung und alles zusammen
LITERATURZEITSCHRIFT MOSAIK
01/02/12 Salzburg hat eine neue Literaturzeitschrift, „Mosaik“ mit Namen: eine längst wieder notwendige studentische Initiative, die ein Publikationsforum abseits der Institutionen bieten möchte und für die Zukunft einiges verspricht.
Von Harald Gschwandtner
Nachdem die „Thoren“ schon ein wenig in Vergessenheit geraten sind und der „Germknödel“ es weiland nur zu einer Ausgabe brachte, war es längst Zeit für eine neue germanistische Literaturzeitschrift. Nun ist die erste Nummer von „Mosaik“ erschienen (nicht zu verwechseln mit der 1955 gegründeten Comic-Zeitschrift), die jungen Autorinnen und Autoren aus dem studentischen Umfeld eine (erste) Möglichkeit zur Publikation und zum kreativen literarischen Austausch bereitstellt.
„Was ist ein Mosaik?“, wird dann auch gleich im Vorwort die Frage nach Programm und Position gestellt: „Vielfalt? Fragmenthaftigkeit? E Pluribus Unum? Die Antwort entspricht dem Gegenstand: alles auf einmal.“
Dementsprechend finden sich schon im ersten Heft Beiträge aus verschiedensten Genres und thematischen Bereichen. Lyrik mit erotischen Anklängen und short story, Lied und kulturkämpferische Essayistik, am Ende ein kurzer, aber informativer Rezensionsteil (u.a. zu Thomas Glavinic), den man sich in Zukunft durchaus noch umfangreicher wünschen würde.
Im literarischen Abschnitt steht Vielversprechendes neben recht durchschaubarem Epigonentum, poetologisch Ausgefeiltes neben Texten, die zwischen Formwillen und jugendbewegter Fabulierfreude noch nicht ganz die Mitte gefunden haben.
Familiäre Gewalt wird dabei ebenso zum Thema wie Weltfluchttendenzen und Kapitalismus- und Massentourismuskritik, abgerundet von selbstbewussten Standortbestimmungen im literarischen Feld.
Gerade in Bezug auf den letztgenannten Aspekt positioniert sich die Zeitschrift als künstlerischer Versuch eines aufmüpfig-kritischen Korrektivs. Etwa wenn schon im Vorspann die Rede von einer „Zeit“ ist, „in der das Weltbewusstsein einmal mehr wie die Maus vor der Schlange im Bann blutender Zahlen und abstürzender Graphen steht“, oder später Roland Barthes’ Theorem vom ‚Tod des Autors‘ recht mutig zur Verteidigung der freien Literaturszene umgebrochen wird.
Vier Hefte jährlich soll es in Zukunft geben: ein ehrgeiziges Projekt, dem sich die Herausgeber Josef Kirchner und Alexander Macho neben ihrem Studium stellen. Hält die sehr ansprechend und lesefreundlich gestaltete Zeitschrift, was die hier präsentierten Anfänge versprechen (und wächst an mancher Stelle vielleicht auch der Mut zum Redigieren), kann sie zu einem wichtigen Forum für eine studentische Gegenwartsliteratur abseits des Mainstreams werden.