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Angst als Thanatos

DAS KINO / LESELAMPE / FILMCLUB

15/12/11 Erst jüngst haben wir Stefan Zweits 130. Geburtstag gefeiert. 2012 ist seines 70. Todestages und des 150. Geburtstag von Arthur Schnitzler zu gedenken. DAS KINO und das Literaturforum Leselampe laden deshalb zum „Filmclub“ mit Filmen nach bekannten Werken von Zweig und Schnitzler: Am Mittwoch (14.12) waren Stefan Zweigs Novelle „Angst“ und ihre Verfilmung durch Roberto Rossellini Thema im „Filmclub“.

Von Ana Bilandzija

Angst wirkt, wenn sie uns mit aller Kraft ergreift, oft wie ein lähmender Katalysator, der uns ohne Mitleid in einer atemlosen, schmerzhaften Spirale kreisen lässt. Ihr Verlauf ist selten vorhersehbar, und ihr Ende immer ungewiss. Doe Ausbeutung der inneren Freiheit stand beim „Filmclub“  am Mittwoch (14.12) im Zentrum. Auf dem Programm stand Roberto Rossellinis „Angst“ aus dem Jahr 1954, die Verfilmung von Stefan Zweigs gleichnamiger Novelle aus 1910. Moderiert hat Manfred Mittermayer, der die Filme ausgewählt und mit Christa Gürtler den „Filmclub“ konzipiert hat.

Die Geschichte ist bekannt: Irene Wagner (Ingrid Bergman) ist selbstständige Geschäftsfrau und gleichzeitig Gattin eines Wissenschaftlers (Mathias Wiemann), den sie seit geraumer Zeit mit einem anderen Mann (Kurt Kreuger) betrügt. Geplagt von Schuld und schlechtem Gewissen, entschließt sie sich, ihren Liebhaber zu verlassen, als plötzlich dessen ehemalige Geliebte (Renate Mannhardt) erscheint und sie wegen ihrer Affäre zur Rede stellt. Aus reinem Mitleid gibt Irene der Dame einen Geldschein, was nur der Beginn einer langen Reihe von qualvollen Tagen ist, an denen die Fremde Irene zu erpressen versucht und ihr immer mehr Geld abverlangt. Verzweifelt versucht Irene, den Schein zu wahren und verstrickt sich in einem immer weiter wachsenden Gebilde aus Lügen und Ausflüchten…

Wie jede Verfilmung weicht auch „Angst“ erheblich vom Original ab. Trotzdem beeindruckt dieser Rossellini-Film noch heute: Durch die Gegenüberstellung von bürgerlich-konventionellem Dasein und heimlich-aufregenden Intrigen spannte der Regisseur Zweigs Bogen der Angst während des gesamten Films immer fester.

Ein bedeutender Aspekt scheint in der Verfilmung dagegen eher schwach hervor – die intensive Innenwelt der Irene, welche in der Novelle auf eine sehr ästhetische, wenn auch ergreifende Art exhibitioniert wird. Zwar gibt es Augenblicke, in denen Gefühle wie aus einem Vulkan zu brechen scheinen. Doch teilweise ist die Erpressung durch die fremde Frau stärker im Vordergrund als Irenes individuelle Furcht und die daraus resultierende Veränderung ihres Alltag- und Ehelebens.

Die Angst ist ein mächtiges, nicht greifbares Instrument, das uns zu Gefangenen im eigenen Körper machen kann, besonders aber im eigenen Geiste. Hat sie uns einmal mit beiden Armen umfasst, saugt sie sich fest und klebt an uns wie eine zähe, träge Masse. Stefan Zweigs Novelle wie auch Roberto Rossellinis Verfilmung zeigen anhand von Irene Wagner deutlich, welche Art von Hölle ein Mensch aufgrund dieses einen Gefühls durchlaufen kann – gleichzeitig aber auch, dass er nicht zwangsläufig in dieser Hölle bleiben muss.

 

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