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Kranker Mann. Rebellische Mädchen

RAURISER LITERATURTAGE / GASTHOF GRIMMING / RAURIS.LYRIK

01/04/19 Ein toter sprechender Kater als Alter Ego. Georgische Rhythmen. Und das Balázs Moldiz Trio musizierte gute Laune herbei. Wer nicht nur Prosa, sondern auch andere literarische Gattungen mag, bekam mit Aleš Steger, Simone Lappert und Tom Schulz lyrische Abwechslung.

VON VERA EßL und NINA WEWERKA

Humor darf wieder Grenzen überschreiten. Die sogenannte „Political Correctness“, die selbst die Kunst zu überformen droht, findet keinen Platz in Daniel Wissers Roman Königin der Berge. Der Gewinner des Österreichischen Buchpreises von 2018 lässt unter anderem einen längst verstorbenen Kater anstößige Aussagen machen, schließlich hat Sexismus in unserer Gesellschaft offiziell keinen Platz, reflektierte der Autor im Zusammenhang mit der #Me Too-Debatte. Auch lässt der vorlaute Kater seinen Besitzer, Herrn Turin – die Hauptfigur des Romans – wissen, dass er sich wegen seiner Krankheit nicht so wehleidig verhalten solle. Der Protagonist leidet an Multipler Sklerose und möchte daher die Sterbehilfe in der Schweiz beanspruchen, der Freitod scheint ihm der richtige Ausweg zu sein. Manfred Mittermayer, der das Publikum durch die Lesung mit Wisser begleitete, wies darauf hin, dass Stellen im Buch dort bewusst geschwärzt seien, wo sich selbst die Hauptfigur das Denken verbietet – so fragt sich auch Wisser selbst, wie denn das Tabu in die Sprache komme.

Nana Ekvtimishvili wiederum erzählt in Das Birnenfeld von einem georgischen Internat in Tbilissi, in dem die Schüler entweder Aufnahme finden, weil sie geistig beeinträchtigt sind oder von ihren Familien verlassen wurden. Ekvtimishvili, die auch Filmemacherin ist, wollte mit ihrem ersten Roman den Missbrauch der Kinder thematisieren, den sie in Georgien beobachtete. Auf den Titel angesprochen, meinte sie, die Birnen des Feldes neben dem Internat hätte trotz des appetitlichen Aussehens niemand essen wollen und als sie verwundert selbst eine Birne kostete, hätte diese nach nichts geschmeckt. Eine symbolische Deutung, sagen Kritiker ihres Romans – wobei sie selbst eine naturalistische Lesart im Sinn gehabt hätte.

An diesem Abend traten zwei Autor-Persönlichkeiten auf, die auf unterschiedliche Art emotional Bedrückendes erzählten. Während Ekvtimishvilis Text ernste Reaktionen im Publikum auslöste, hörte man dieselben Leute bei Wissers Text häufig lachen. Doch ob wirklich alle derartig viel Witzelei bei einer so ernstzunehmenden Thematik für angemessen erachteten, ist fraglich.

„Sie haben sich vorgenommen, sich schon am frühen Vormittag so viel Lyrik anzutun, das ist verdächtig“, kokettierte Aleš Steger am Samstag (30.3.) augenzwinkernd. Aufgrund des Vorsatzes, seinem Publikum kein langes Präludium zuzumuten, begann er sogleich mit dem Vortragen seiner Gedichte, die er humorvoll kommentierte. Ebenfalls performativ zeigte sich Simone Lappert, die auswendig ihre Lyrik vortrug. Eindrückliche poetische und anschauliche Bilder sowie kreative Sprachspiele zeichnen ihre Gedichte aus, während sich Tom Schulz mit Räumen des Wirklichen und Möglichen auseinandersetzt.

Für DrehPunktKultur berichten aus Rauris Studentinnen und Studenten von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung „Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2019)“ am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.
Die Rauriser Literaturtage 2019 fanden von 27. bis 31. März statt - www.rauriser-literaturtage.at
Bilder: RLT/David Sailer

 

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