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Duschhauben für Sammler

RAURISER LITERATURTAGE / GESPRÄCH ÜBER LITERATUR / GASTHOF GRIMMING

02/04/19 Kleine Dinge können die Welt bedeuten, oder sie zumindest zeigen. Ein Gespräch über vergessene Autoren, eine Lektüre des Dazwischen und über unkonventionelle Reiseberichte. Die Literatur sucht nach einer Sprache für das Unsagbare und zeigt dabei Einzelschicksale, die stellvertretend für die Geschichte Europas stehen.

VON Cornel Entfellner und Cato Mairhofer

Die Literatur sucht nach einer Sprache für das Unsagbare und zeigt dabei Einzelschicksale, die stellvertretend für die Geschichte Europas stehen.

Das diesjährige Gespräch über Literatur führte Manfred Mittermayer mit dem Salzburger Urgestein Karl-Markus Gauß, der schon seit vielen Jahren mit literarischen Reiseberichten über entlegene und ungewöhnliche Gegenden Europas begeistert. Es sind vor allem die entlegenen Orte und Menschen, die Karl-Markus Gauß anziehen. Schon sehr früh interessierte er sich für Literatur, bald dann vor allem für vergessene und erfolglose Autorinnen und Autoren, deren „Erfolglosigkeit als Qualitätsmerkmal“ ein wichtiger Orientierungspunkt war. Heute wiederum sind viele dieser Werke fast schon Teil des Kanons. Der Zufall spielte in Gaußʼ Leben eine bedeutende Rolle, sowohl bei der Wahl des Studiums als auch bei der Entdeckung der vergessenen Bücher. Einige der Autoren, die Gauß prägen und begleiten, sollen hiermit vielleicht noch mehr Menschen begeistern: Erwin Riess, Miroslav Krleža und Joseph Roth, hier vor allem die unbekannteren kürzeren Arbeiten. Aus seinem neuesten Buch wird er später am Abend lesen.

Ein letztes Mal eröffnet das Intendanten-Duo Mittermayer/Schütz am Samstag (30.3.) die Abendlesungen der Rauriser Literaturtage. Im Gasthof Grimming ist kein Platz mehr frei, die Veranstaltung wird wie tags zuvor in den Platzwirt übertragen, wo es ähnlich viel Zulauf gibt. Der Abend verspricht großartig zu werden, nicht zuletzt deshalb, weil eben Karl-Markus Gauß mit einer Lesung aus seinem neuen Roman den Abend beschließen wird.

Die Salonboarischen sorgen für die musikalische Untermalung und leiten schwungvoll das Abendprogramm ein. Danach bringt uns Ines Schütz den ersten Autoren Vincenzo Todisco näher. Früh wird klar, dass er am liebsten selbst von seinem neuen Buch Das Eidechsenkind erzählen würde: Die Geschichte eines Gastarbeiterkindes Anfang der 60er Jahre, das stellvertretend für so viele Kinder dieser Zeit steht. Ein namenloses Kind, das hinter dem Sichtbaren lautlos in der Wohnung lebt und nur über die Phantasie und Erinnerung in die Außenwelt dringt. Es wird offensichtlich: Wenn der Körper gefangen ist, bricht der Kopf aus.

Susanne Fritz arbeitet in ihrem neuen Roman Wie kommt der Krieg ins Kind ihre eigene Familiengeschichte auf, die so lange in den Mantel des Schweigens gehüllt war. Für die Recherche durchforstete sie Dokumente, Fotos und ganze Bibliotheken. Die Schuldfrage wird neu gestellt, Nachkriegsarbeitslager rücken in den Fokus der Erzählung und sie stellt fest: „Man hat es gewusst, hat aber geschwiegen.“ Das Schweigen legt sich auch über das Publikum angesichts der mitreißenden Lesung der Autorin.

Literatur die Nahe geht.

Zum Abschluss liest Karl-Markus Gauß aus Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer. Ein Zimmer, das zuerst zur Wohnung und dann zur ganzen Welt wird. Er schenkt private Einblicke, outet sich als Teetassenliebhaber und Duschhaubensammler und führt uns mit jedem Gegenstand, in alter Manier, doch wieder in Welt hinaus. Eine Phantasiereise, die von allen Lesern ein Stück begleitet werden kann.

Für DrehPunktKultur berichten aus Rauris Studentinnen und Studenten von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung „Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2019)“ am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.
Die 50. Rauriser Literaturtage finden von 25. bis 27. März 2020 statt. - www.rauriser-literaturtage.at
Bilder: Zoe Vitzthum

 

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