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In Sack und Asche zum Heringsschmaus

LESEPROBE / SALZBURGER BRAUCH

26/02/19 Die einen lassen sich heute, am Aschermittwoch, das Aschenkreuz auf die Stirn zeichnen, die anderen lassen es sich und der Kulinarik beim Herringsschmaus gut gehen. Und wieder andere knabbern an den Lungauer Fastenbrezen, die nicht brezen-, sondern ringförmig sind. Eine Leseprobe aus dem Buch Salzburger Brauch von Reinhard Kriechbaum.

Von Reinhard Kriechbaum

„Kehre um und glaube an das Evangelium“, sagt der Priester, während er das Aschenkreuz auf die Stirn zeichnet. Asche: Sie ist nicht nur Symbol für Vergänglichkeit, sondern auch für Reinigung. Schließlich war Asche die Grundlage für die Seifenerzeugung. Papst Urban II. hat die rituelle Handlung Ende des 11. Jahrhunderts, bei der Synode von Benevent im Jahr 1091 eingeführt. Schon im 12. Jahrhundert wurde fest gelegt, dass die Buß-Asche durch Verbrennen der Palmzweige vom Vorjahr gewonnen werden soll. „Und ich kehrte mich zu Gott dem Herrn, zu beten und zu flehen mit Fasten im Sack und in der Asche“, heißt es im Alten Testament. Daher also die Sprichwörter, „in Sack und Asche gehen“ oder „sich Asche aufs Haupt streuen“.

Neben dem Karfreitag ist der Aschermittwoch der einzige wirklich kirchlich vorgeschriebene, strenge Fasttag. Wie man von der angeblich vierzigtägigen Fastenzeit auf dann doch auf sechseinhalb Wochen Fastenzeit kommt? Die Sonntage werden nicht mitgerechnet, der Gründonnerstag auch nicht.

„Carne vale“ also, Fleisch ade, am Aschermittwoch: Zeit für den Heringsschmaus, der in unserer post-religiösen Zeit mit doppelter Andacht und hoher Kalorien-Aufnahmebereitschaft zelebriert wird. Zwischen sinkendem Religionsverständnis und den in den Medien geradezu ausufernden Anleitungen zum Gesundfasten nimmt sich das von Glaubensvorstellungen losgelöste kulinarische Fest eigentlich sonderbar aus. Volkskundlich zeigt es anschaulich: Rituale, die den Jahresablauf gliedern, sind unverzichtbar. Wird ein Brauch (in dem Fall das Aschenkreuz) nicht mehr verstanden oder verliert er an Wertigkeit im eigenen Leben, kommt ein anderer Brauch quasi durchs Hintertürl herein.

Heringe galten früher als Arme-Leute-Essen. Keine Rede mithin von Herings-„Schmaus“ – es war eher der entschiedene Beginn einer Diät. Alte Salzburger erinnern sich noch, dass in ihrer Kinderzeit der „Brezenmann“ durch die Straßen zog und seine Fastenbrezen anbot, schreibt Bertl Göttl in seinem 2001 erschienenen Buch „Der Salzburger Jahreskreis“.

Fastenbrezen im Lungau sind nicht überkreuzt (wie im Flachgau und Rupertiwinkel), sondern ringförmig und dünn. „Zum Über-den Tag-Essen“, sagt der Tamsweger Bäcker Josef Hochleitner, sonst würden sie hart. Dass manche seiner Kollegen Lungauer Fastenbrezen das ganze Jahr über anbieten, stimmt ihn misstrauisch. „Wir halten uns an Traditionen.“ Bei ihm gibt es die Fastenbrezen wirklich nur von Jänner bis Karfreitag. Heimo Tildach, Bäckermeister in Mittersill, bietet wie andere Bäcker im oberen Pinzgau ab Aschermittwoch kleine Osterpinzen an, aus Milchbrotteig, mit Rosinen, Nüssen und Aranzini (Orangenschalen). Fastenbrezen gibt es keine mehr im Pinzgau.

Im Salzkammergut sagt man zur Brezensuppe auch „Beichtsuppe“. Am Beichttag, „dem einzigen guten Tag in der Fastenzeit“, gab es in verschiedenen Gegenden aber auch besondere „Zuckerln“. So war dieser Tag ein freier Tag für die Dienstleute, die mit einem Beichtzettel die Teilnahme an der Osterbeichte nachweisen mussten. Um die Besonderheit dieses Tages zu unterstreichen, wurden einst im Pinzgau auch Honigkrapfen gebacken, das sind Germkrapfen, die mit warmem Honigschmalz übergossen wurden.

Die Katholische Frauenbewegung propagiert rund um den Familienfasttag (seit 1958 am zweiten Freitag der Fastenzeit) das Fastensuppenessen. Tausende Frauen lassen es sich in den Pfarren angelegen sein. „Sie sind es, die das Geld einspielen“, sagt die Salzburger Leiterin der Katholischen Frauenbewegung, Gabi Treschnitzer. Das Suppenverteilen ist eine Ergänzung zum Familienfasttag In den meisten Pfarren in Österreich wird am darauf folgenden Sonntag bei den Gottesdiensten für diese Aktion gesammelt.

Zu dem Anlass kommt jedes Jahr die Filzmoser Haubenköchin Johanna Maier in die Landeshauptstadt, der Erzbischof und Politiker bekommen einen Schöpfer Suppe, die Medien fotografieren.

Aus dem Buch „Salzburger Brauch“ von Reinhard Kriechbaum, erschienen im Rupertusverlag
Praktikable Rezepte für Lungauer Fastenbrezen finden sich zum Beispiel auf der Homepage der Landwirtschaftskammer Salzburg, auf www.lungau.at oder beim www.lungauerkochwerk.at
Bild: Wikimedia Commons / US Navy (1); Karl Gruber (1); NMS Mariapfarr (1)

 

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