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Mach das Leben zum Roman

BUCHBESPRECHUNG / KLEINDIENST / SPÄTER VIELLEICHT

19/04/10 Der mit mehreren Preisen ausgezeichnete Salzburger Autor Robert Kleindienst stellt in seinem Roman „Später vielleicht“ die Verknüpfungen zwischen realem und geschriebenem Leben eines fiktiven Autors in den Mittelpunkt.

Von Michael Russ

Da sitzt er nun, der arme Tor und sieht sich von Sackgassen umzingelt. Die Beziehung mit Nelly ist schal geworden, das Interesse aneinander hat nachgelassen. Früher war sie nicht nur Geliebte, sondern auch Erstleserin und begeisterte Kritikerin seiner schriftstellerischen Werke. Aber auch beim Schreiben sitzt er in einer Sackgasse, es fehlt ihm der Stoff, der die Worte wieder zum Fließen bringen könnte. Zu einem Abend mit Freunden kann er sich nur selten aufraffen und wenn, dann philosophiert man aneinander vorbei. Ein Studium wäre da noch, dass irgendwann abgeschlossen werden sollte, aber das langweilt eher und die Kommilitonen sind nicht der Rede wert.

Den Ausweg aus dieser tristen Lage eröffnet ihm Fábia, eine Brasilianerin, die er zufällig trifft und die sich in sein Bett verirrt. Plötzlich hat er den Stoff für einen neuen Roman im eigenen Leben und da könnte man doch das eigene Leben so steuern, dass es gut zum Roman passt. Darf man das? Darf man dazu - ohne ihr Wissen - das Leben und die Aussagen der Freunde ins neue Werk einbauen? Wenn es die Kunst – und vor allem den Künstler – weiterbringt, warum nicht?

Also wird am Leben herumgebastelt. Ein gemeinsamer Besuch in Prag, der Stadt Kafkas und Lieblingsstadt des namenlosen Protagonisten, muss doch die Beziehung zu Fábia und vor allem den Roman voranbringen. Nelly kann man ja mit einer Ausrede abspeisen. In weiterer Folge muss der Protagonist aber feststellen, dass man sein Tun zwar in einen Roman hineinstopfen, die Konsequenzen aus diesem Tun jedoch nicht auf das Geschriebene beschränken kann.

Sprachlich ist „Später vielleicht“ wirklich erfreulich. Robert Kleindiensts Beschäftigung mit Lyrik ist deutlich erkennbar, ohne dass der Autor dabei übertreibt. Die sprachlichen Bilder sind schön, aber nicht überzogen.

Mit dem Plot verhält es sich nicht ganz so. Die Figuren berühren den Leser nicht wirklich, eben noch eine Beziehung, die nicht gut läuft und noch ein Schriftsteller, der nicht so recht weiter weiß. Alles mehr Problemchen als Probleme. Dazu als Kontrastprogramm „Wie der Protagonist 9/11 erlebt hat“ einzubauen, erweckt ein ähnlich schales Gefühl, wie der Versuch mancher Autoren, in ihren Büchern krampfhaft irgendeinen Bezug zu den Geschehnissen im 3. Reich herzustellen.

Dabei ist die Idee vom Leben, dass adaptiert wird, um es zum Romanstoff zu machen, wirklich spannend und phasenweise sehr gut umgesetzt. Die Konzentration auf diesen Kern und seine Konsequenzen mit ein bisschen weniger Vorlauf und weniger schmückendem Beiwerk hätte dem Buch sicher nicht geschadet. Dieser Kern und die Sprache machen das Buch lesenswert, auch wenn es noch nicht Robert Kleindiensts großer Wurf ist. Der kommt später – sicher.


Robert Kleindienst: Später vielleicht. Roman. Skarabäus Verlag, Innsbruck, Bozen, Wien, 2009. 176 Seiten. 18,90 Euro
Robert Kleindienst liest morgen Dienstag (20.4.) um 20 Uhr im Literaturhaus auf Einladung der Grazer Autorengruppe Salzburg. Unter dem Titel „Zeichensetzung.Zeilensprünge“ lesen weiters Thomas Ballhausen und Sophie Anna Reyer.

 

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