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Schon wieder erster Schultag

BUCHBESPRECHUNG / MEIN ERSTER SCHULTAG / OMAN

07/12/20 Schon wieder ein 1. Schultag. Einen Tag nach Nikolaus ist wieder mal Schulbeginn. Drei erste Schultage in einem Wintersemester und das nicht für alle... Wie es „früher“ war, berichtet in 31 Erzählungen und Verklärungen aus der Edition Tandem das Buch Mein erster Schultag – und was dann noch geschah.

Von Heidemarie Klabacher

„Im Gegensatz zu ehemaligen Mitschülern habe ich keine Erinnerung, dass wir damals die erste und zweite Singmesse und andere Lieder auswendig gelernt hätten“, schreibt der Komponist Franz Zaunschirm, dessen Weihnachtslieder-Bearbeitungen für Hausmusik (gefühlt von Alphorn bis Zither) gerade dieser Tage besonders gefragt sind. Ganz neu sind etwa die Liedsätze mit und für Tuba. „Meine Mutter wollte, dass ich ein Instrument lerne“, schreibt Zaunschirm, der von 1959 bis 1963 die Volksschule St. Margarethen im Lungau besuchte. Seine Erinnerung trägt den Titel Froschhaxln und Stagglmuse und wäre unter dem strengen Herrn Direktor – „Das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler empfand ich als formal, vielleicht als kühl“ – eine ausgewachsene Themenverfehlung samt Bombenfleck gewesen, denn vom ersten Schultag ist genau gar nicht die Rede: „Die Volksschule spielte damals für mich keine große Rolle.“ Dass ein Linkshänder umlernen musste, war damals so (was es nicht besser macht). Dass der eine Pfarrer ein Sadist und der andere „ein Segen für die Gemeinde war“ ist schon spannender. Entscheidend vielleicht gar für das Leben des Erzählers, der heute Professor für Harmonielehre und Kontrapunkt am Mozarteum ist. Er, Pfarrer Anton Winter, habe den Zehnjährigen gefragt, ob er nicht studieren wolle, und „uns Ministranten und die Gemeinde in vielerlei Hinsicht besonders auch musikalisch gefördert“. Und der Titel? Schlittenfahren wurde Froschhaxln genannt. Die Stagglmuse war eine Gruppe von sechs sieben Buben, die mit selbstgebastelten Instrumenten durch das Dorf gezogen war.

Detailreich und anschaulich und wirklich zum Thema schreibt Charly, Rabanser, der Theatermensch den man so fix „innergebirg“ verortet, über seinen ersten Schultag in der Volksschule Nonntal: Vom Schulweg entlang der Alpenstraße („Natürlich fuhren auch schon damals die O-Busse, wenn ich mich recht entsinne, war es die Linie D, aber es wäre uns nie in den Sinn gekommen, damit zu fahren. Erstens kostete die Fahrt pro Kind 1 Schilling, und so weit war der Weg ja nun wirklich nicht, ungefähr eine halbe Stunde.“), über die letzten Schritte (für die der künftige Held, wie alle anderen auch, doch die Hand der Mama ergriffen hatte) bis durchs Tor und hinauf in den ersten Stock... Beiläufig, doch durchaus mehr als nur ironisch, sind etwa die Hinweise auf das Erlernen von Regeln „die einem geordneten Zusammenleben, einem sinnvollen Miteinander, keinesfalls abträglich sind – bereits am ersten Tag“.

In die Schule gegangen dort wo man ihn auch heute suchen würde, ist ein anderer Theatermensch: „Meine Schulzeit begann am 3. September 1956 in der Volksschule Holzhausen“, schreibt Matthias Hochradl. Acht Jahre dauerte die Volksschulzeit damals noch: „Der Schulalltag begann um 8 Uhr und dauerte vorerst bis 12 Uhr. Dann ging es nach Hause zum Mittagessen, um 13 Uhr ging es an der Schule weiter, bist bis 15 Uhr.“ Da hat es – bei acht Volksschuljahren – die gemeinsame Unterstufe für alle schon einmal gegeben... Das Buch ist tatsächlich auch eine Fundgrube bildungspolitischer heißer Eisen. Dass in den Nachmittagsunterricht etwa auch das Einlagern von Torf „fachgerecht im Sinne der Vorstellungen“ des Direktors oder auch „Umgrabungsarbeiten in Frau Direktors Gemüsegarten“ gefallen sind, wurde nicht hinterfragt. Ohrfeigen (oder wie es andere Autoren erzählen, schlimmere physische und psychische Gewalt) hat es gegeben. Punkt. Doch stellt etwa ein Matthias Hochradl seiner Pflichtschulzeit ein positives Zeugnis aus.

Auch nichts über den ersten Schultag, dafür aber eine literarischen Anspruch verratende Skizze des sich im ersten Schuljahr erweiternden Lebenshorizonts schreibt die Literaturwissenschaftlerin Silvia Bengesser. Wunderschön das Denkmal, das sie dem Apfelmus setzt, das im Schatten zweier Bäume im Garten der Vöklabrucker Schulschwestern an die Kinder verteilt wurde: „Noch immer schmecke ich das leicht säuerliche Mus in meinem Mund, zubereitet aus längst vergessenen Apfelsorten...“

Vieles war ganz und gar nicht heil. Gewalt auch Missbrauch werden thematisiert. Aber Stefan Adamski müsste man, wären da nicht die Frau Weitgasser und der Herr Direktor Unterberger gewesen, um seine Frau Druckenthanner und seine Frau Kastenhuber beneiden.

Hiltrud Oman (Hg.): Mein erster Schultag. Erzählungen und Verklärungen. Edition Tandem, Salzburg 2020. 162 Seiten, 17 Euro - www.edition-tandem.at

 

 

 

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