Als Salzburg noch am Inn lag
WEIHNACHTEN IM ALTEN ÖSTERREICH
24/12/09 Meistens landen Bücher über Weihnachts-Brauchtum ja doch in einer Zeit "als ich noch ein Bergbauernbub war". Johannes Sachslehner hat anderes im Blick, ihn interessieren viel mehr die bürgerlich-gesellschaftlichen Aspekte.Von Reinhard Kriechbaum
Eine "nostalgische Zeitreise", freilich. Und natürlich tauchen all die schönen Dinge auf, an die man sich so liebend gerne erinnert, obwohl es in selbst erlebter Jugend nie und nimmer so war und sich vehement der Verdacht aufdrängt: Schon die Großeltern haben das alles nur noch als Mystifikation verbreitet und nicht (mehr) mit eigenen Augen gesehen.
"Setzt man sich nun tatsächlich auf die Spur des Weihnachtsfests in Österreich", so Johannes Sachslehner, "so muss man bald erkennen, dass es 'das' Weihnachtsfest als Norm niemals gegeben hat. Der Mythos von Weihnachten und die historische Faktizität klaffen nicht unbeträchtlich auseinander."
Und irgendwie werden, wegen höchst diffuser Quellenlage, ja doch nur Puzzlesteine aneinander gelegt. Da macht dieses Buch keine Ausnahme. Den Autor interessieren vor allem die sozialen Milieus. Denn "Das Brauchtum erzählt von der Gesellschaft, die dahinter steht, von Wunschfantasien und Hoffnungen, Träumen und Visionen." Die Zeitreise regt tatsächlich dazu an, über das Wie und Warum nachzudenken. Die Wanderung beginnt irgendwann, "als das Christkind noch der Nikolaus war". Der Einfluss des Protestantismus und der Gegenreformation werden untersucht: Das allein gibt ja schon viel her bei historisch-soziologischer Betrachtung. Und was auch immer "verordnet" wurde in Sachen Weihnachten: "Die Dynamik des Schenkens war nicht mehr zu stoppen." Auch nicht das "Fressen und Saufen in der Christnacht", das ein Anonymus in Wien 1781 beklagt.
Viele literarische Zeugnisse finden sich, das Buch ist natürlich auch hübsch illustriert. Auch da sind Bilder aus den bürgerlichen "Salons" stärker vertreten sind als das bäuerliche Weihnachten. Johannes Sachslehner schreibt also eher eine Geschichte der urbanen und bürgerlichen Weihnacht, und das rückt die Dinge dem städtischen Leser durchaus nahe.
Ein Kapitel "Das Salzburger Nikologartl" findet sich gleich auf den ersten Seiten. Da geht es tatsächlich um Salzburg und den Nikolaimarkt - der ja zeitweise schon am 11. November (!) begonnen hat. Eine andere Christkindlmarkt-Geschichte berührt Salzburg, aber da ist dem Autor die Geographie ein wenig durcheinander geraten: Der Schriftsteller Josef Leitgeb (1897-1952) stammt zwar aus Bischofshofen, wenn er aber vom Thomasmarkt auf dem "Platz vor der Johanneskirche" schreibt und seine Blicke "den Innrain hinauf" wandern lässt, sollte uns das misstrauisch stimmen: Da ist das weihnachtliche Innsbruck beschrieben.