Das „Schuhwerk“ des Kirchen-Künstlers
BUCHBESPRECHUNG / PETER SCHUH. ARCHITEKT
14/04/17 Er kam im Gefolge von Clemens Holzmeister, dem Erbauer des Großen Festspielhauses, nach Salzburg. Kein Vertreter der Architektenzunft dürfte im Bundesland Salzburg so flächendeckend Spuren hinterlassen und qualitätvolles, auch handwerklich gediegenes Bauen mitverantwortet haben wie Peter Schuh.
Von Reinhard Kriechbaum
„In einer Epoche, in der die Bindung an die Kirche abnahm, lebte Peter Schuh aus Überzeugung ein Gegenprogramm: Die kirchlichen Bauten waren ihm von Kindertagen an das 'Ganz-Andere' des Bauens, ein Faszinosum: So hat er trotz Gegenwinds immer im tiefen, aufrichtigen Respekt vor dem Vorhandenen gewirkt.“ So Christof Hillebrand von Baukultur2, Herausgeber der umfänglichen Monographie über jenen Architekten, der ab 1980 27 Jahre lang das Bauamt der Erzdiözese Salzburg leitete. „Auf dem schmalen Grat zwischen Gestern und Morgen versuchte Schuh stets haltbare Raumlösungen zu finden, die auch noch über diesen irdischen Raum hinausweisen.“
Rund siebenhundert Projekte hat der jetzt 75jährige Peter Schuh in mehr als vier Jahrzehnten für seinen kirchlichen Dienstgeber verwirklicht, Renovierungen, Adaptierungen, Umbauten, Zubauten, Neubauten. „Eine Veränderung muss eine Verbesserung sein“ – diesen Leitsatz hat Peter Schuh von Adolf Loos geborgt, aber sein eigentlicher Lehrmeister war Clemens Holzmeister. Dessen Stil habe Schuh fortgeführt und doch eine eigene Sprache gefunden, so der ehemalige Landeskonservator Roland Gobiet. „Üblicherweise entwirft ein Architekt einen Plan, und die Detailplanung wird oft dem Handwerker überlassen. Nicht so bei Schuh … einen 'Schuh' erkennt man sowohl in der Form als auch in Material und Detail.“ Roland Gobiet erinnert auch an fruchtbare Diskurse in einer Zeit, „als Johannes Neuhardt – der Diözesankonservator – der Moderne Tür und Tor geöffnet“ habe: „Erstaunlich, was ich bei der Einfügung neuer Elemente in historische Kirchenräume an Auseinandersetzungen mit Johannes Neuhardt erlebt habe“, erinnert sich Gobiet. „Der Volksaltar der Kollegienkirche oder jener in der St.-Johanns-Spitalskirche sind nur zwei Beispiele dafür. In Oberösterreich waren künstlerische Wettbewerbe für liturgische Zelebrationsorte gang und gäbe, während in Salzburg eher Wert auf eine harmonische Einfügung gelegt wurde. Es erscheint gewissermaßen als ein Rollentausch – der Architekt als Traditionalist und der Konservator als Verfechter der modernen Architektur und Kunst.“
Dasselbe aus Neuhardts Perspektive an die Adresse von Peter Schuh: „Du bist Architekt, und wie dieses Wort schon ausdrückt, dazu berufen, die Sache von Grund her darzutun und durchzudenken; ich als Kunsthistoriker und Theologe musste der Schönheit und der Wahrheit die Stimme leihen. Beides kein einfaches Unterfangen in unserer Zeit zunehmender Verzwergung, da man nur das Geschmäcklerisch-Eingängige für schön hält, aber sich nicht mehr des Dichterwortes bewusst ist, dass die Schönheit nur des Schrecklichen Anfang ist.“ Prälat Neuhardt beschreibt das als „Spagat zwischen den Anforderungen des alltäglichen Baugeschehens und des Schönen in der Verkündigung“.
Es ging in der Alltagsarbeit von Peter Schuh keineswegs immer um Kirchenräume, sondern ganz wesentlich auch um die rund zweihundert Pfarrhöfe und viele andere Immobilien in deren Umkreis. Seine Werkliste umfasst etwa 700 Projekte. Da finden sich also Skizzen für Stiegenhäuser genau so wie für Beichtstühle, für Kindergartenräume wie für Absperrgitter, und sogar das Zunftzeichen für den Kirchenwirt von Maria Kirchenthal hat Peter Schuh gezeichnet. Überhaupt das Zeichnen: Schuh griff und greift gerne zum Stift, er zeichnet und skizziert, wo andere flugs das Handy zücken und fotografieren.
Wenn einer wie Peter Schuh sein Lebtag lang sein (neues) Bauen am historischen Umfeld messen lassen muss, lernt man wohl den Pragmatismus. St. Severin in Sam, Salzburgs jüngste Pfarre, ist dafür ein gutes Beispiel: Diese Räumlichkeiten wurden in eine alte Industrieanlage eingeschrieben.