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Idyll und Gegen-Idyll

SALZBURGER FREILICHMUSEUM GROSSGMAIN

14/03/16 Bauerngartl. Blumenhäferl. Holzofenbrot. Landleben „einst“ ist für viele Menschen das, was Hochglanzmagazine „jetzt“ vermitteln. „Die Leute suchen auch bei uns im Freilichtmuseum immer mehr das Dekorative. Sie sehnen sich nach einer heilen Welt, die es so nie gegeben hat. Die Menschen wollen nicht erkennen, wie schwer und karg das Leben - ja das Überleben - auf dem Land einst gewesen ist.“

Von Heidemarie Klabacher

Am Samstag (19.3.) öffnet das Freilichtmuseum Großgmain nach der Winterpause mit dem traditionellen Ostermarkt wieder seine Pforten. Die alten Ernte-Maschinen stehen frisch geölt und dekorativ in den Wiesen und auf den Höfen. In den kunstvoll umfriedeten Hausgärtchen warten die Blumen und Kräuter auf den Startschuss zum Austreiben. Da und dort haben die Gärtner mit bunten Primeln ein wenig nachgeholfen. Aber noch ist der Grundton ein verhaltenes Silbergrün. Nur in den Wäldchen zwischen Gehöften und Wiesen schimmert es schon dicht violett, die Veilchen sind schon da. Die Vögel singen wacker.

Idylle pur? Nur zwei, drei Meter neben dem geheizten Kachelofen ist es in der Guten Stube des „Lärchenhofes“ durchaus kühl. Ganz zu schweigen von den Zimmern im Obergeschoss, in denen die Sonderausstellung „Hunger, Not und Gottvertrauen“ zu sehen ist.

„Unsere Besucher sollen nicht nur schwärmen und sagten: ‚Wie schön!’ ‚Wie romantisch!’ Das Leben auf dem Land vor zweihundert Jahren war alles andere als schön und romantisch.“ Das sagte Michael Becker, der Direktor des Salzburger Freilichtmuseums Großgmain, heute Montag (14.3.) bei der Pressekonferenz eine Woche vor Eröffnung der neuen Saison.

Vor zweihundert Jahren? Genau! So lange ist Salzburg bei Österreich und in den Rahmen des Jubiläumsjahres „Salzburg 20.16“ gehört auch die diesjährige Sonderausstellung im Freilichtmuseum „Hunger, Not und Gottvertrauen“. Der Lärchenhof stand ursprünglich in St. Martin am Tennengebirge und war das Heim der Familie Grimming. Das Leben der Familie und ihrer Dienstboten wird in der Ausstellung nachvollziehbar, auch wenn es schwer fällt, sich das entbehrungsreiche Leben tatsächlich vorzustellen. Wenig Essen aus bescheidensten Grundnahrungsmitteln. Mangelnde Hygiene. Krankheiten, gegen die man abwechselnd mit Gottvertrauen und Aberglauben ankämpfte. Abgabenpflicht an den Grund- oder Landesherrn samt Repressalien…

Man versuche, den Besucherinnen und Besuchern ein möglichst wahrheitsgetreues Bild der Umstände, die vor zweihundert Jahren auf einem Bergbauernhof im Land Salzburg herrschten, näher zu bringen: Ein Sack mit Heu auf dem eisigen Boden – das war das Bett für einen Dienstboten. Die Truhe mit den wenigen Besitztümern daneben. Wie viele solcher Betten und Truhen standen „seinerzeit“ wohl in dem kleinen Raum? Es ist eine kleine feine Ausstellung, die sich anhand von klaren Themen wie Ernährung, Gesundheit oder Abhängigkeit anschaulich bemüht, mit sozialromantische Klischees aufzuräumen. Man betrachtet nach dem Besuch der Ausstellung „Hunger, Not und Gottvertrauen“ im Lärchenhof die vielen anderen fein renovierten Höfe, Ställe und Scheuern mit einem anderem Hintergrund und neuem Blick.

Und auch da ist nicht alles eitel Sonnenschein. Seit drei Jahren kämpft das Freilichtmuseum Großgmain den gar nicht romantischen Kampf gegen den „Gemeinen Holzwurm“. Mit Erfolg, wie Direktor Michael Becker berichtet: 2014 und 2015 wurden der „Lungau“ und der „Pongau“ im Museumsgelände sowie ein Haus im „Flachgau“ vom Holzwurm befreit. Insgesamt 21 Gebäude wurden komplett in Folien verpackt und anschließend bis zu 72 Stunden mit einem Gas behandelt: „Eine Methode, die international bei historischen denkmalgeschützten Gebäuden angewendet wird.“ Die Kosten beliefen sich auf 111.000 Euro. Heuer werden im „Pinzgau“ und im „Tennengau“ 13 weitere Gebäude um etwa 50.000 Euro saniert.

Ein Highlight für die Gäste ist die Fahrt mit der Museumsbahn. Hier investiert man Zeit, Geld und viel Liebe zum Detail: Im August wird die wiedererrichtete Lokomotiv-Remise aus Böckstein aus den Anfangstagen der Tauernbahn eröffnet. Der Ziegelbau wurde 2014 abgebaut und steht bereits an seiner neuen Stätte. In Kürze wird hier eine neue Dauerausstellung eingerichtet, die der Zahnradbahn auf den Gaisberg (1887 bis 1928) gewidmet sein wird.

Nein, den Gaisberg baut man nicht nach am Fuße des Untersbergs. Im Zentrum der Ausstellung steht eine Originalgarnitur der Gaisbergbahn von 1886, bestehend aus Zahnraddampflok und Personenwaggon. „Beide Fahrbetriebsmittel werden vom Technischen Museum in Wien als Leihgabe zur Verfügung gestellt“, freut sich Direktor Becker. Das Bahnhofsviertel im Museum bekommt noch ein historisches „Örtchen“, eine Bahnhofstoilette ebenfalls aus Böckstein, ein hölzerne Plumpsklo inklusive Graffitis in Kurrentschrift.

Dann sei es erst einmal genug mit dem Eisenbahnbau im Freilichtmuseum und man werde sich wieder dem Kerngeschäft widmen, der „Bewahrung, Darstellung und Vermittlung bäuerlicher Bauwerke“. Demnächst wird im Lungau in der der Gemeinde Ramingstein die „Reinerkeusche“ aus dem 18. Jahrhundert abgebaut: „Ein gut erhaltenes Beispiel für diesen bis ins 20. Jahrhundert hinein verbreiteten Haustypus, der im Lungau besonders häufig anzutreffen war.“ Läuft alles wie geplant, wird das Gebäude 2017 im Lungaubereich des Museums wieder errichtet.

Das Freilichtmuseum bietet das ganze Jahr über ein umfassendes Veranstaltungsprogramm und startet mit dem Traditionellen Ostermarkt am Samstag (19. 3.) in die neue Saison - www.freilichtmuseum.com
Bilder: dpk-klaba

 

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