Ausscheidungen der Konsumwelt
HALLEIN / KUNSTRAUM PRO ARTE / KAI KUSS
27/03/13 „Ich arbeite multimedial, bevorzuge Film und Fotografie. Inhalt und Form stehen in enger Beziehung zueinander.“ Im Kunstraum pro arte setzt Kai Kuss die Materialien Stahl, Beton, Plastik, Plexiglas, Styropor, digitale Medien, ein.
Von Ulrike Guggenberger
Unerwartete Dunkelheit im großen Ausstellungsraum. Große Objekte in Schwarz beherrschen die Szene. Inmitten des Raumes eine hohe schwarze Tonne, auf der sie umgebenden Bodenfläche sendet eine Videoinstallation Fotos böse kläffender, grausam an Ketten gefesselter Hunde, die als Kaninchenjäger gehalten werden. Unweit dieses Szenariums am Boden ein kleinerer Zylinder, von Flinten eingefasst. Zugleich fällt der Blick auf ein direkt am Plafond darüber schwebendes Video-Bild. Es zeigt eine in warmem Lichterglanz erstrahlende Madonna. Erdenschwere Materialitât und Himmlische Immaterialitât prallen in dieser Installation aufeinander.
Aus einem aufgeschlitzten, nachgebauten Ikea-Fauteuil aus Silikon quillt sein Innenleben: zerquetschte Bierdosen, Plastiksäckchen, leere Flaschen, Essensreste - ein unappetitliches Sammelsurium unserer Wegwerf-Gesellschaft. Alles Müll, benützt und verworfen. Kai Kuss spricht von „Ausscheidungen der Konsumwelt“.
Kai Kuss versteht sich als Aufzeiger, als Diagnostiker, keineswegs als Missionar und Weltverbesserer: „Man muss den Mut haben, die randständigen Themen zu formulieren.“ Von jeher hat sich der Künstler mit den ekligen Phänomenen, die die Gesellschaft verachtet und daher gerne verdrängt, auseinander gesetzt: Legendär sind seine Fotoarbeiten kopulierender Fliegen. Sie leben von Abfällen und setzen sich auf Aborte, Misthaufen, Müllhalden. In der Ausstellung dräut der allgemein als hässlich empfundene Fliegenkörper noch einmal als riesengroßes Unikum aus schwarz gefärbtem Schaumstoff mahnend von der Decke.
Soweit die dunkle Seite der Spezies Mensch. Diesem setzt Kai Kuss ein anderes Phânomen entgegen: Potenzial und Anziehung von Schönheit und Ästhetik. Eine filmische Inszenierung. Kuss erzählt mittels seiner Kunst eine Parabel vom Menschengeschlecht. „Ich lebe in einer verrückten Gesellschaft und bin selber verrückt.“ Eine Rolle, welche die Gesellschaft vom Künstler vielleicht sogar erwartet.