Auseinandersetzung im Gespräch
KOMMENTAR
Von Heidemarie Klabacher
03/04/13 1972 erhielt Bodo Hell den ersten Rauriser Literaturpreis, heuer erhalten Matthias Senkel den Rauriser Literatur- und Renate Silberer den Rauriser Förderungspreis. 1990 übernahm Britta Steinwendtner die Rauris-Leitung, heuer sind es Ines Schütz und Manfred Mittermayer, die erstmals ihr eigenes Rauris-Programm verantworten.
Die namhafte Literaturvermittlerin und der international angesehene Literaturwissenschaftler haben nicht nur ein florierendes Festival übernommen, das mit seinen (über die „bloße“ Literaturvermittlung weit hinausweisenden) kultur- und sozialpolitischen Anliegen bei Subventionsgebern und Sponsoren in so hohem Ansehen steht, dass man ihm sogar „heutzutage“ den freien Eintritt zu allen Veranstaltungen durchgehen lässt.
Ines Schütz und Manfred Mittermayer haben vielmehr auch eine Art „Erbe“ angetreten, dem sie mit Respekt zu begegnen wussten. Was in 43 Jahren gewachsen ist; was sich seit 1990 zu einem inhaltlich markanten und weit über Österreich hinaus beachteten Festival entwickelt hat; was bei steigenden Hörerzahlen vom literaturbegeisterten Publikum so geliebt wird, dass die Säle in den Wirtshäusern oft bis auf den letzten Platz am Fensterbankerl besetzt waren und man sich seit einigen Jahren mit der Live-Übertragung von Lesungen auf Video-Screens behilft – all das haben die „neuen Besen“ nicht mit einem Wisch über den Haufen gekehrt. Das wird die Bereitschaft des Publikums von vorne herein stärken, mit den neuen Intendanten auch einmal ungewohnte Wege zu beschreiten.
Die Programmstruktur – MI Eröffnung; DO, FR und SA Vormittags Arbeitskreise, Nachmittags und Abends Lesungen und Gespräche; SO Schulprojekte – ist im wesentlichen beibehalten worden. Zugleich haben Schütz und Mittermayer die zuletzt oft überlangen Programme reduziert. So werden an den Hauptabenden künftig maximal drei Autorinnen und Autoren lesen. Das Publikum solle mehr Möglichkeiten bekommen, mit den Autoren über ihre Bücher und über Literatur überhaupt zu reden, „zu diskutieren, vielleicht auch einmal im positiven Sinn zu streiten“. Darauf legten Ines Schütz und Manfred Mittermayer bei ihrer ersten gemeinsamen Pressekonferenz im Februar größten Wert. „Auseinandersetzung im Gespräch“ ist das Stichwort, das sich Schütz/Mittermayer in Sachen Literaturvermittlung gegeben haben. Die Lyrik – bis jetzt über das Gesamtprogramm verstreut – bekam den Samstagnachmittag zugewiesen. Ob so viel von der ohnehin konzentriertesten Form der Literatur auf einmal dem Publikum nicht doch zu viel ist, wird sich weisen. Der Übersichtlichkeit und der Programmstruktur tut die Bündelung jedenfalls gut.
Dass Ines Schütz und Manfred Mittermayer auch ihre Vorgängerin engagiert haben, zeugt von der harmonischen „Hofübergabe“. Und schon auch ein wenig von Größe, denn eine beliebte freiwillig auf der Höhe des Erfolgs zurückgetretene Intendantin wird besonders viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Das traditionelle „Gespräch über Kindheit“ von Brita Steinwendtner mit Autorinnen und Autoren wird jedenfalls „wie gewohnt“ am Samstagvormittag stattfinden.
Inhaltlich sind die 43. Rauriser Literaturtage eine reizvolle Mischung aus international und in Salzburg „angesagten“ Autoren. Die Schnittmenge ist groß, mit Walter Kappacher oder Karlheinz Rossbacher sind Salzburger Literatur und Literaturwissenschaft prominent vertreten.
„Lebens.Wege“ ist das Motto der 43. Rauriser Literaturtage. „Die meisten Menschen hätten es gerne, wenn sich in ihrem Leben abgeschlossene Ereignisse logisch aneinanderfädeln“, so Manfred Mittermayer. Das spielt es meist nicht – und so „boomt“ das biografische Genre in Sachbuch und Film, in Roman und Autobiografie. Christoph W. Bauer, Anna Weidenholzer, Jürg Amann, Zsuzsanna Gahse, Peter Kurzeck, Marion Brasch oder Michael Köhlmeier werden erwartet. Da kann eigentlich nichts schief gehen. Zu erwarten – und dem Intendanten-Duo dennoch herzlich zu wünschen – ist, dass das Publikum die „Rauris.Wege“ weiterhin begeistert mitgehen und Schütz/Mittermayer auch in neue Gefilde folgen wird. Der Anfang ist gemacht.