Zu laut für Götterstimmen?
STUHLFELDEN / „STIMMEN HÖREN“
11/05/10 Ein Dorfbunnen, an dem es nicht nur plätschert, sondern wo man Worte hört? Das gibt es eigentlich nur im Märchen, möchte man meinen. In den vergangenen Tagen wurde es aber in Stuhlfelden Wirklichkeit. „Stimmen hören“ ist keine Krankheit, sondern ein Kunstprojekt von Wolfgang Seierl im Rahmen von "Wahre Landschaft".
„Ich beziehe mich auf die faszinierende Theorie von Julian Jaynes, wonach Skulpturen und Bilder einst die Funktion hatten, die Stimmen der Götter (bzw. unserer Vorfahren) in uns leichter vernehmbar zu machen.“ Diese Stimmen „sollen uns dabei zu helfen, Entscheidungen zu treffen“. Das sagt Wolfgang Seierl, dessen Projekt „Stimmen hören“ im Rahmen des Wettbewerbs "Wahre Landschaft" des Landes Salzburg im Vorjahr ausgezeichnet worden ist und in den vergangenen Tagen in der Gemeinde Stuhlfelden umgesetzt wurde.
In unserer lauten Welt bleiben die mahnenden und korrigierenden Stimmen welcher Götter, welcher Weisen auch immer allzu leicht auf der Strecke. „Heute steht die so genannte Informationsgesellschaft vor dem Problem der Überfülle an Information, die einer Orientierungslosigkeit Raum gibt und uns erneut Entscheidungen schwer macht.“
Mit Klanginstallationen und „subtilen klanglichen Interventionen an Orten der Bild- und Skulpturtradition im öffentlichen Raum“ hat Wolfgang Seierl „auf diese inneren, verloren gegangenen Stimmen“ aufmerksam machen:
Den Dorfbrunnen, das Kriegerdenkmal, ein paar Kapellen und Marterln, aber auch die Volksschule - insgesamt zwölf Plätze in Stuhlfelden hat Seierl dafür ausgesucht. Mittels kleiner Lautsprechersysteme wurden Bilder und Skulpturen akustisch belebt. „Sie bekommen Stimmen, die uns mit unseren Ansichten und Problemen in ein aktualisiertes, dynamisches, lebenskulturelles System einbinden wollen. Diese in Zeiten der medialen Bilderflut oft nicht mehr wirklich wahrgenommenen aber dennoch wirkenden Relikte vergangener Zeiten werden wieder zu aktuellen, sprechenden Kunst-Orten“, so der Künstler.
Das Ausgangsmaterial zu diesen Klangarbeiten waren Aufnahmen von Gesprächen „mit den Ältesten der Gemeinde, deren Erfahrung und Wissen im Überangebot der heutigen Medienwelt allzu oft ungehört bleiben und letzten Endes fehlen“. (dpk)