Bettgeflüster
HALLEIN / KUNSTRAUM PRO ARTE / JOHANNES DOMENIG
04/05/10 Schiefergraue Arbeitshandschuhe, dicht aneinander, nebeneinander, aufeinander bedecken dunkel die Liegefläche eines verzinkten Eisenbettes. Johannes Domenig zeigt im Halleiner Kunstraum pro arte „Bedwhisper“ und andere wunderliche Dinge.
Von Ulrike Guggenberger
Des Menschen Schlafstätte als Ort der Handlung, als intimer Ort, an dem der darin Ruhende Spuren zurücklässt: Schweiß, Hautpartikelchen, seinen Körperabdruck, seine guten und bösen Träume, Phantasien, seine Erschöpfung. Das, was vom Tag zurückbleibt, die Rekreation erwartend.
Der 1963 geborene Johannes Domenig gibt diesen nicht sichtbaren Spuren Gestalt, transferiert sie ins sinnlich Bildhafte, rückt sie ins Zentrum, präsentiert sie auf einer nicht gewohnten Bildfläche, der Lagerstätte des Menschen – dem Bett.
Verrostete Werkzeuge, Waffen, Gebrauchsgegenstände, Arbeitsutensilien. Johannes Domenig listet sie akkurat in Reihen auf, schafft ein Ordnungssystem, der Dinge – als eine Form der Aufzählung der Geschichte des Menschen. Ordnen hat in sich mit Wertschätzung, mit dem Ernstnehmen der Dinge zu tun.
In der Galerie pro arte werden zugleich Tafelbilder als Werkserien Domenigs gezeigt. Fundstücke aus der Natur - Samen, Dornen, Baumrinden, Steinsplitter - ordnet der Künstler als geometrische Reihen auf dem Maluntergrund, überzieht sie mit Polimentvergoldung, Mineralfarbe, Blei. Auf diese Weise macht er erdgeschichtliche Ursubstanzen in unseren Augen kostbar, hebt sie aus ihrem Umfeld in den Kunstkontext, um darauf aufmerksam zu machen.
Mit den Materialien Gold und Blei knüpft er gleichermaßen an Alchemie wie an die Geschichte der Kunst an, in der wertvolles Material die Bedeutsamkeit eines Werkes betonte.
So geriert sich die Ausstellung in der Galerie pro arte als zeitgenössische Wunderkammer. Solche Kammern wurden ursprünglich an höfischen Stätten eingerichtet, um seltsame Funde, unerklärliche Gegenstände aus fernen Ländern, Devotionalien Besuchern zugänglich zu machen. Daraus entwickelten sich im Laufe der sich verändernden Zeit und Gesellschaft die späteren öffentlichen Museen.
Johannes Domenig lebt in der Einschicht am Land. Im Prozess des Findens und des (Ein)Ordnens sammelt er ähnlich dem Helden des Kinderbuches von der Maus Frederic geistiges Gut, um es in Notzeiten zur Verfügung zu haben.