Galerist, Pressemensch, Tarockspieler
IM PORTRÄT HANS WIDRICH
12/02/16 Journalisten kennen ihn als langjährigen Pressechef der Salzburger Festspiele. In den siebziger und frühen achtziger Jahren spielte Hans Widrich aber auch als Galerist eine Rolle in der Stadt. Und auch als Verleger von Kunstbüchern und Graphikmappen hat er sich Meriten erworben.
Von Reinhard Kriechbaum
Am 3. Februar ist Hans Widrich 80 Jahre alt geworden. Heute Freitag (12.2.) hat er im Schloss Mirabell das Stadtsiegel in Gold entgegen genommen. Man täte ihm Unrecht, wenn man seinen Namen bloß mit Peter Handke verbände. Aber Handke war es, der Hans Widrich sogar zu literarischen Ehren verholfen hat: Mitglieder der legendären Tarockrunde, die Handke in seinem Roman „Der Chisese des Schmerzes“ beschreibt, waren neben dem Dichter selbst Prälat Johannes Neuhardt, der Literaturwissenschafter Adolf Haslinger und eben Hans Widrich. Das Wort „Netzwerken“ war damals noch nicht so gebräuchlich...
Hans Widrich hat jedenfalls an vielen Netzen geknüpft, und das war nicht zum Schaden der Stadt Salzburg. 1967 gründete Widrich – er war damals gerade Pressereferent der Erzdiözese – in der Kustodie der Kollegienkirche die „Galerie am Markt“ für moderne Kunst und stellte damalige österreichische Avantgardisten wie Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Peter Pongratz und Markus Prachensky erstmals in Salzburg aus. Salzburg war ja beinahe eine Galerien-Wüste damals. Als Präsident des Salzburger Kunstvereins öffnete er das Künstlerhaus für aktuelle internationale Strömungen und brachte erstmals Max Ernst, Robert Rauschenberg und Pierre Soulages inach Salzburg. In der Serie „Palette“ konnten junge Künstler kostenlos ihre Arbeiten vorstellen. Das neu geschaffenes Café im Künstlerhaus wurde sofort als Treffpunkt angenommen.
1979 zeichnete Hans Widrich für die erste Großausstellung auf den Plätzen um den Salzburger Dom verantwortlich. Diese Schau mit Skulpturen von Pino Castagna könnte man also als Ahnmutter aller Kunst-im-öffentlichen-Raum-Projekte hierorts sehen. Im selben Jahr gründete er den „Verlag Hans Widrich“ für Druckgrafik, insbesondere für größere Mappenwerke.
Hans Widrich stammt wie Peter Handke aus der Marktgemeinde Griffen in Kärnten. Er stammt aus einer alteingesessenen Bauernfamilie, in der seit Generationen Deutsch und Slowenisch gesprochen wurde. Im Bischöflichen Knabenseminar Marianum in Tanzenberg lernte er den jungen Peter Handke kennen. Ab 1956 studierte Widrich Philosophie und Theologie in Klagenfurt und Graz , 1963 erfolgte die Promotion zum Dr. theol. Noch vor Abschluss des Studiums wurde er 1961 mit dem Aufbau des neu errichteten Afro-Asiatischen Instituts in Graz beauftragt, das er bis 1964 leitete. Von 1965 bis 1971 war Widrich Pressereferent der Erzdiözese Salzburg und geschäftsführender Schriftleiter der Kirchenzeitung Rupertusblatt, Korrespondent der Kathpress und Mitglied des Kontaktkomitees der Diözese zu den politischen Parteien.
Widrichs und Handkes Wege führten in Salzburg wieder zusammen: 1963 hatte Widrich die Ärztin Gerheid Kupelwieser geheiratet. Das „Kupelwieser-Schlössl“ auf dem Mönchsberg ist seither das Domizil der Familie, und dort waren bis 1987 Peter Handke und seine Tochter Amina unmittelbare Nachbarn. Handke verfasste hier einen bedeutenden Teil seines Werkes. Widrich baute in der Folge eine umfangreiche Handke-Sammlung auf, die er der Österreichischen Nationalbibliothek als Dauerleihgabe überließ.
Ab 1968 wirkte Widrich nebenamtlich, von 1975 bis 1996 hauptberuflich als Pressesprecher der Salzburger Festspiele. In einer Zeit, da sich außer Gerhard Wimberger im Bereich Musik kaum jemand in der Festspielleitung ernsthaft des Zeitgenössischen annahm, setzte sich Widrich für die gesellschaftliche und programmatische Öffnung der Festspiele ein. Auch für das moderne Schauspiel – für Stücke von Thomas Bernhard, Rolf Hochhuth und Peter Handke – engagierte er sich. Gut vernetzt in Kirchenkreisen, erwirkte er in Verhandlungen mit Erzbischof Rohracher 1969 die Öffnung der Kollegienkirche für Festspiel-Veranstaltungen. 1999 war Hans Widrich Mitglied in der Findungskommission für den Festspielintendanten Peter Ruzicka.
Widrich publizierte mehrere Dokumentationen zur kirchlichen Zeitgeschichte. Für seine Verdienste erhielt er unter anderem das Goldene Verdienstzeichen des Landes Salzburg und wurde mit dem Berufstitel Professor ausgezeichnet.