Nachhaltigkeit im Kulturbetrieb - ein 360-Grad-Thema
GASTKOMMENTAR
21/03/23 Österreichisches Umweltzeichen, Kulturbetriebe als Green Location: Unsere Hintergrundgeschichte kürzlich hat den Salzburger Theatermacher Reinhold Tritscher zu einem Gastkommentar gereizt. Er will ökologisches Wirtschaften noch viel umfassender gedacht und gelebt wissen – und er ist mit dieser Überzeugung nicht allein.
Von Reinhold Tritscher
Kulturbetriebe und Ökologie: Vorausgeschickt sei, dass die Zertifizierung mit dem Umweltsiegel ein wertvoller Schritt und Anreiz in die richtige Richtung ist. Ich möchte aber ergänzen, dass soziales und ökologisches Wirtschaften auch in einem Kulturbetrieb noch viel umfassender gedacht und vor allem gelebt werden sollte. Vorreiter in Salzburg ist hier zum Beispiel die ARGEkultur, die bereits 2015 den ersten Gemeinwohlbericht erstellt hat. Die aktuelle Fassung ist gerade in Arbeit. In diesem Zusammenhang ist auch ein Beschluss der letzten Generalversammlung der ARGEkultur zu sehen. Demnach soll die ARGEkultur in den nächsten Jahren weitgehend energieautark umgestaltet werden.
Wir haben uns mit dem Theater ecce als „kleiner Kulturverein“ ebenfalls für den im Vergleich mit dem Umweltsiegel wesentlich aufwändigeren Prozess der Erstellung eines Gemeinwohlberichtes entschieden. In diesem Prozess spielen natürlich die Aspekte Ökologie und Nachhaltigkeit eine wesentliche Rolle und werden umfassend erfasst und durchleuchtet. Die Kriterien des österreichischen Umweltsiegels erfüllen wir als Theater ecce schon länger zum allergrößten Teil und als „green event“ veranstalten wir bereits seit zwanzig Jahren – also schon lange bevor dieser Begriff „offiziell“ Einzug gehalten hat.
Das soll das Umweltsiegel keinesfalls schmälern – im Gegenteil. Möglichst viele Kulturstätten sollten die Kriterien umsetzen. Aber eigentlich betrachte ich das beständige Bemühen darum in Zeiten wie diesen schon fast als Selbstverständlichkeit, vor allem für die größeren Institutionen.
Und: Auf diesem Weg ist man sowieso nie am Ziel, sondern kann sich nur um möglichst schonenden Ressourcenumgang und faire Bedingungen im ganzen Unternehmen bis hin zu den Lieferketten bemühen. Das kann für einen kleinen Betrieb manchmal ganz schön herausfordernd bis nicht zu schaffen sein. Wenn wir das als kleiner Verein weitgehend schaffen, müssten es die „Großen“ eigentlich auch.
Da geht es dann auch um Sponsoren – also um Geld. Dann wird´s schwieriger mit dem Thema Umweltsiegel und Gemeinwohl. Das bemerken wir als „Kleine“ schon. Es ist nicht leicht, trotz ständiger Geldnot solche Sponsoren abzulehnen, die Gemeinwohlkriterien oder Umweltauflagen nur unzureichend erfüllen. Es ist auch nicht ganz einfach, mit knappen Budgets die vorbildlich ökologisch agierende teurere regionale Druckerei zu beauftragen, statt die viel günstigere Onlinedruckerei von der man ohnehin nichts sieht, weil man ohne genaue Recherche gar nicht herausfindet, wo die Druckerei sich befindet und die nicht besonders ökologischen Drucksorten vom schlecht bezahlten „scheinselbständigen“ Fahrer eines Paketdienstes zugestellt werden. Das geht vermutlich nur, wenn die gesellschaftliche Ablehnung groß genug ist, bzw. wird und man sich einfach für einen anderen Weg des Wirtschaftens entscheidet.
Dass die Bemühungen um gemeinwohlverträgliches Wirtschaften Hand in Hand mit fairen Arbeitsbedingungen und fairer Bezahlung gehen, ist selbstredend. In diesem Sinn alle Institutionen vor den Vorhang, die sich aktiv dafür einsetzen – auch wenn keine davon perfekt ist! Für Salzburg wäre neben zahlreichen Wirtschaftsunternehmen im Kulturbereich vielleicht noch das Bildungshaus Sankt Virgil zu nennen, das ebenfalls gemeinwohlzertifiziert ist. Das Kunsthaus Nexus ist meines Wissens auf dem Weg dazu.
Der Gemeinwohlbericht muss übrigens veröffentlicht werden und ist sowohl auf der Seite der ARGEkultur als auch auf der Website des Theater ecce nachzulesen. Dabei wird man feststellen, dass auch kleine Institutionen noch einen Weg vor sich haben – aber meines Erachtens durchaus Nachahmer im Großen finden können und sollten.
Reinhold Tritscher ist Gründer und Leiter des Theater Ecce, einer freien Gruppe von Theaterschaffenden aller Sparten in Salzburg. Das Theater macht gesellschaftspolitisches und literarisches Theater, inklusives und partizipatorisches Theater sowie theaterpädagogische Projekte.